07. Dezember 2020 News

Personalmangel belastet Pflege in der Pandemie

Die Corona-Pandemie empfinden laut aktueller Studie 85 Prozent der Beschäftigten in der diakonischen Altenhilfe als große Belastung. Dabei empfinden sie den Personalmangel als das größte Hindernis bei der Bewältigung der Krise.

Unter Beteiligung auch der Diakonie Württemberg haben die Diakonie Deutschland und die Evangelische Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung (midi) diese Untersuchung veröffentlicht.

Zwei Drittel der Befragten gaben an, dass der durch Corona bedingte Personalausfall durch Mehrarbeit und eine Umverteilung von Personal innerhalb ihrer Einrichtung kompensiert werden konnte. Bei 25 Prozent der Befragten waren Mitarbeitende mit Covid-19 infiziert, bei 70 Prozent gab es Quarantänefälle aufgrund eines Coronaverdachts – all dies erschwerte die ohnehin oft angespannte Personallage. Große Sorge bereitet den Beschäftigten auch, sie könnten pflegebedürftige Menschen anstecken.

Oberkirchenrätin Prof. Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, betont den großen Einsatz der Beschäftigten in der württembergischen Diakonie und die im Bundesvergleich eher niedrigen Zahlen infizierter Bewohnerinnen und Bewohner: „Dafür sind wir sehr dankbar, aber wir müssen unsere Beschäftigten durch bessere Rahmenbedingungen entlasten können. Dafür setzen wir uns ein.“ Die ohnehin angespannte Personalsituation werde verschärft, wenn Mitarbeitende krank oder Quarantänemaßnahmen zu ergreifen seien.

Die Studie macht ebenfalls deutlich: Die Kontaktreduzierungen und Besuchsbeschränkungen während des ersten Lockdowns dienten der Risikominimierung. Nach Ansicht von 93 Prozent der Befragten war dies zu Beginn der Pandemie wegen des Mangels an Schutzausrüstung die einzige Möglichkeit, um Bewohnerinnen und Bewohner zu schützen. Vornehmlich betrafen diese Maßnahmen externe Dienstleister, ehrenamtlich Mitarbeitende und Besucher, die nicht zur engsten Familie gehören. Über die Hälfte der Befragten gab an, dass für nahestehende Angehörige entweder uneingeschränkt oder wenigstens ausnahmsweise der Zugang möglich war.

Der Alltag der Pflegenden und der Bewohnerinnen und Bewohner seit Ausbruch der Pandemie wird als“Schicksalsgemeinschaft“ wahrgenommen. So gaben 63 Prozent der Befragten an, dass der Austausch untereinander intensiver war als vor der Pandemie, obwohl weniger Zeit zur Verfügung stand. 61 Prozent der Mitarbeitenden gaben an, dass ihre Familie durch ihre berufliche Tätigkeit Nachteile in Kauf nehmen musste.

Die Studie fragt auch danach, wer oder was den Pflegenden in der Pandemie Halt und Orientierung gibt. Neben dem Austausch und dem kollegialen Zusammenhalt sind dies in erster Linie die Gespräche mit Familienangehörigen und dem Ehe- bzw. Lebenspartner (81 Prozent) sowie der Austausch im Freundeskreis (58 Prozent). Der Hälfte der Befragten sind zudem Oasenzeiten wichtig; ein Viertel findet in Gebet und spirituellen Alltagsroutinen Halt und Orientierung. 80 Prozent der Befragten gaben an, zwischenzeitlich gut mit der Pandemie zurechtzukommen. Die Dankbarkeit für einen krisensicheren Job motiviert 81 Prozent der Befragten.

Hart ins Gericht gehen die Befragten mit der Politik: Statt Klatschen und Balkonbotschaften fordern rund zwei Drittel der Befragten endlich strukturelle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und Bezahlung.

Weitere Informationen zur Studie der Diakonie

Hintergrund:
An der Erhebung nahmen 1.735 Mitarbeitende in stationären, teilstationären Einrichtungen, ambulanten Diensten und Hospizen der Diakonie in ganz Deutschland im Zeitraum vom 2. bis 30. Oktober 2020 teil. 60 Prozent der Befragten lassen sich dem stationären Bereich der Altenhilfe, 28 Prozent den ambulanten Diensten, sieben Prozent dem teilstationären Bereich und fünf Prozent den Hospizen zuordnen.