Freiwilligendienst in Griechenland

Sina Meinecke leistete Freiwilligendienst in der ökumenischen Flüchtlingswerkstatt NAOMI, einer Partnerorganisation des Diakonischen Werks Württemberg und der Aktion Hoffnung für Osteuropa. Hier berichtet Sie über ihre Erfahrungen:


Mein Freiwilligendienst – ein Erfahrungsbericht

Meine Zeit hier in Griechenland neigt sich so langsam dem Ende zu. Vor gut vier Monaten bin ich am Stuttgarter Flughafen in die Maschine nach Thessaloniki gestiegen und habe mich auf eine abenteuerliche Reise begeben. Ohne wirklich zu wissen, was mich in dieser Stadt erwarten würde, saß ich gespannt auf meinem Sitz. Ich erinnere mich gut, wie ich mit einem gemischten Gefühl aus Vorfreude und Aufregung am Gepäckband auf meine Reisetasche gewartet habe. Im vergangenen Jahr habe ich mein Abitur gemacht und mich dann zu einem Auslandsaufenthalt vor meinem Studium entschlossen. Wegen meiner zweijährigen ehrenamtlichen Arbeit in der Flüchtlingshilfe in Stuttgart stand schnell fest, dass es für mich auch im Ausland in diese Richtung gehen sollte. In den letzten vier Monaten habe ich diese Entscheidung keinen einzigen Tag bereut.

Deutschunterricht für Geflüchtete

Schon die ersten Momente bei NAOMI haben mir gezeigt, dass ich hier richtig bin. Ich habe mich von Anfang an wohlgefühlt. Hauptsächlich besteht meine Arbeit bei NAOMI darin, Wassiliki, der Deutschlehrerin, in den Kursen zu assistieren. Obwohl ich vor meinem Einsatz keinerlei Erfahrungen im Unterrichten hatte, konnte ich mich schnell einarbeiten. Und Dank Wassiliki hat es nicht lange gedauert, bis ich sehr viel Freude daran gefunden habe. Stolz bin ich auf meinen eigenen Kurs, in dem ich fünf afrikanischen Schülern von der griechischen Schule Förderunterricht in Deutsch gebe. Ich liebe aber auch die Arbeit in den Kursen mit unseren syrischen Schülerinnen und Schülern, die lebendige Atmosphäre und die vielen gemeinsamen, lustigen Momente. Immer wieder spannend, diese für mich neue Kultur Stück für Stück kennenzulernen.
Trotz unserer unterschiedlichen Kulturen, schafft es Wassiliki auf eine geschickte Art und Weise die Deutsche Sprache in den Mittelpunkt des Geschehens zu stellen und unsere Schüler langsam mit dieser vertraut zu machen. Oft werden natürlich auch viele Probleme thematisiert und lange diskutiert. Aber angesichts der ermüdenden Lage, was das Thema Familienzusammenführung betrifft, ist das meiner Meinung nach verständlich. Trotz allem merkt man, wie viel Spaß Wassiliki an ihrer Arbeit hat und auch wie unsere Schüler die Stunden in den Kursen genießen.

Positive Energie aus der Nähwerkstatt

Einen kleinen Teil meiner Arbeit verbringe ich in der Nähwerkstatt, in einem von Elkes Nähkursen. Mich hat von Anfang an die positive Energie von Elke, der Leiterin der Textilwerkstatt von NAOMI, beeindruckt. Sie gibt ihren Schülern die Möglichkeit, für drei Stunden abzuschalten, alle Sorgen mal für einen gewissen Zeitraum aus dem Kopf zu haben und sich ganz auf sich selbst zu konzentrieren. Es ist so schön, den Frauen dabeizuzuschauen, wie sie ihre Fähigkeiten im Schneidern Woche für Woche verbessern und stolz ihre fertigen Stücke präsentieren, miteinander zu diskutieren und miteinander zu lachen. Nochmal eine neue Erfahrung, über die afrikanische Kultur und die Eigenschaften der temperamentvollen Frauen auf diese Weise so viel neues erfahren zu dürfen.

Zweites zu Hause in Thessaloniki

Aber nicht nur bei NAOMI sondern auch in Thessaloniki habe ich mich schnell wie zuhause gefühlt. Ich habe mich wirklich in diese Stadt verliebt und genieße jede einzelne Sekunde meiner Freizeit. In unserer Freiwilligen-WG, in der ich zur Zeit nur mit Elke wohne, ist es nicht schwer auszuspannen und die Seele bei dem weiten Blick über die ganze Stadt und das Meer baumeln zu lassen. Das, was mir hier bis heute schwer fällt, ist das Trennen von meiner Arbeit und meinem
privaten Alltag. Es ist wirklich nicht einfach, Distanz zu halten zu den einzelnen Schicksalen, mit denen ich täglich konfrontiert werde. Meiner Meinung nach geht das auch gar nicht.

Umgang mit belastenden Schicksalen

Während meines Einsatzes bin ich häufig mit traumatisierten Menschen zusammen gewesen, die mir von ihren schrecklichen Erfahrungen berichtet haben, von schlimmen Geschichten aus dem Krieg oder von traurigen Ereignissen auf der Flucht. Oft habe ich Tage lang über diese Gespräche nachgedacht. Aber mit der Zeit habe ich versucht, die Schicksale der anderen nicht mehr so stark an mich heranzulassen. Das alles war nicht immer einfach für mich, aber trotzdem finde ich, dass es gerade bei dieser Arbeit sehr wichtig ist, ein offenes Ohr für die Menschen zu haben, denen ich damit eine große Hilfe sein kann. Ich selber weiß, wie viel besser ich mich fühle, wenn ich jemandem meine Probleme und Sorgen anvertrauen kann. Selbstverständlich bin ich durch diese Art von Zuhören manchmal an meine Grenzen gestoßen. Doch ist es am Ende ein schönes Gefühl, die Menschen ein kleines bisschen glücklicher gemacht zu haben. Immer mal wieder stand ich vor solchen Herausforderungen. Diese Herausforderungen haben mich aber nicht eingeschüchtert oder heruntergezogen, sondern stärker gemacht. Das wichtige bei dieser Arbeit ist einfach, dass man sich nicht scheut vor schwierigen Situationen oder neuen Aufgaben, von denen man vielleicht bisher geglaubt hat, sie nicht meistern zu können. Außerdem muss man sich immer wieder vor Augen führen, dass man als Freiwilliger arbeitet. Man ist kein professionell Ausgebildeter, das heißt irgendwann kommt an an einen Punkt, an dem man nicht mehr weitermachen kann und auch nicht weitermachen darf, sondern die Arbeit einem Profi überlassen muss. Denn es geht hier um eine sehr besondere Arbeit, es geht um die Arbeit mit geflüchteten und traumatisierten Menschen, das darf man nie vergessen!

Das nehme ich mit

Ich bin Dorothee, der Leiterin von Naomi, sehr dankbar, wie auch sie sich um mich gekümmert und mich unterstützt hat. Durch Dorothee habe ich gelernt, wie solch eine Organisation funktioniert und wie man auch mal schwierigere Zeiten durchlebt: In der Entwicklung einer NGO geht es nicht immer bergauf. Manchmal liegen Hindernisse vor einem, die man aber zusammen als Team überwinden kann, wenn man an einem Strang zieht. Es ist toll, dass so ein Freiwilligendienst möglich ist und ich bin wirklich sehr glücklich und stolz, für die Zeit in der ich hier in Thessaloniki lebe, Teil dieser NGO sein zu dürfen. Und
dabei eine Arbeit kennenzulernen, die ohne Dorothee, ohne die Gesellschafterinnen von NAOMI, ohne Elke, ohne Wassiliki und ohne alle anderen Mitarbeiter und Unterstützer so nicht möglich wäre. Am Ende meines Einsatzes werde ich unzählige tolle Eindrücke und Erinnerungen mit nach Deutschland nehmen, für die ich sehr dankbar bin!


  • Diakonie Württemberg
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