08. Mai 2015 Pressemitteilung

„Nicht nur Blumen brauchen Pflege!“

Mit Aktionen zum bundesweiten Tag der Pflege am 12. Mai 2015 macht die Diakonie bundesweit auf problematische Bedingungen aufmerksam. Demografischer Wandel, Fachkräftemangel und mangelnde Refinanzierung gefährden die gute Pflege. Die Diakonie fordert eine ausreichende Refinanzierung der Leistungen, einen besseren Pflegeschlüssel und eine Anhebung der Pflegeversicherungsleistungen. Die Begleitung von Menschen am Lebensende muss ausgebaut werden.

Stuttgart, 8. Mai 2015. Zum Tag der Pflege am 12. Mai 2015 meldet sich die Diakonie mit einem bundesweiten Aktionstag zu Wort. „Der demografische Wandel, der immer größer werdende Mangel an Fachkräften in der Pflege und die nicht ausreichende Refinanzierung von Pflegeleistungen gefährden die gewohnt gute Pflege“, warnt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg. Deutschlandweit und auch in Württemberg verteilen Mitarbeitende diakonischer Altenpflegeheime und Diakonie-Sozialstationen Blumen an Passanten und Politiker, um mit ihnen über bessere Bedingungen für die Pflege zu sprechen. Am Stiel der Blumen sind Banderolen angebracht mit Aussagen wie „Wer gut pflegen will, braucht Zeit“ oder „Jeder Mensch hat das Recht auf gute und würdevolle Pflege“.

Die Zunahme der Anzahl alter und schwer pflegebedürftiger Menschen und der steigende Fachkräftemangel führen zu einer immer größeren Arbeitsverdichtung beim Pflegepersonal. „Durch die kürzeren Behandlungszeiten in den Krankenhäusern kommen immer mehr Menschen sehr früh aus dem Krankenhaus, und die Pflegekräfte im Heim oder zu Hause müssen sie weiter behandeln und pflegen“, erklärt Eva-Maria Armbruster, Stellvertreterin des Vorstandsvorsitzenden des Diakonischen Werks Württemberg.

Zudem stehen diakonische Pflegedienste und Pflegeheime unter wirtschaftlichem Druck. In den vergangenen Jahren sind Löhne, Gehälter und Sachkosten kontinuierlich angestiegen. Die Pflege- und Krankenkassen sowie die Sozialhilfeträger haben ihre Vergütungen jedoch nicht in dem Maß angehoben, wie es die Kostensteigerungen notwendig machen. Dies hat zu einer strukturellen Unterfinanzierung der Pflegeleistungen geführt. Der große wirtschaftliche Druck auf die Einrichtungen hat den Zeitdruck auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigen lassen. In der ambulanten Pflege müssen in einer Pflegetour 20 bis 30 Prozent mehr Patienten versorgt werden als vor 15 Jahren. Weil mit der Pflegereform Patienten mehr Leistungen wählen können, brauchen die Pflegekräfte mehr Zeit für gute Beratung. Auch im Heim ist es zu einer starken Verdichtung der Arbeit gekommen. Die gestiegenen Anforderungen an die Qualität haben zu einem höheren Aufwand an Dokumentation und Kontrollen geführt. Der hierfür erforderliche Zeitaufwand ist aber nicht refinanziert. In Baden-Württemberg sind die Personalschlüssel für die Pflege in Heimen seit dem Jahr 1989 nur ein einziges Mal angepasst worden. „Deswegen müssen Heime, die Menschen mit einem hohen Pflegebedarf versorgen, auch höhere Personalschlüssel vereinbaren können“, fordert Dieter Kaufmann.

Eva-Maria Armbruster ergänzt: „Die Pflegeversicherungsleistungen sind in den vergangenen 15 Jahren nur unzureichend erhöht worden.“ Die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen haben seit Einführung der Pflegeversicherung einen realen Kaufkraftverlust von etwa 30 Prozent hinnehmen müssen. Auch in der ambulanten Pflege gab es bei den Vergütungen über einen Zeitraum von zehn Jahren Preisaufschläge deutlich unter den jährlichen Inflationsraten. Deshalb fordert die Diakonie eine maßgebliche Anhebung der Pflegeversicherungsleistungen in den nächsten Jahren. Nur wenn mehr Geld in das System kommt, lässt sich gute Pflege auch zukünftig leisten und bezahlen.

Zu einer guten Pflege gehört auch die Begleitung der Pflegebedürftigen am Lebensende. Sowohl die medizinisch-pflegerische als auch die seelsorgerliche Begleitung werden in den derzeitigen Pflegevergütungen nicht ausreichend berücksichtigt. Um Menschen an ihrem Lebensende zuhause begleiten zu können, braucht es ein Netzwerk von Palliativfachkräften, spezialisierten Ärzten und Pflegekräften, die sich Sterbenden und ihren Angehörigen auch seelsorgerlich zuwenden.

Das Diakonische Werk Württemberg 
Das Diakonische Werk Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist ein selbstständiges Werk und der soziale Dienst der Evangelischen Landeskirche und der Freikirchen. Auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes unterstützt der Wohlfahrtsverband im Auftrag des Staates hilfebedürftige Menschen. Das griechische Wort „Diakonia“ bedeutet „Dienst“. Die Diakonie in Württemberg ist ein Dachverband für über 2.000 Einrichtungen und Dienste. Über 45.000 hauptamtliche Mitarbeiter und mehr als 35.000 Ehrenamtliche betreuen über 275.000 Menschen in Beratungsstellen oder Einrichtungen, in denen sie leben. Es sind Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen mit Behinderungen, alte und pflegebedürftige Menschen, Arbeitslose, Wohnungslose, Überschuldete und andere Arme, Suchtkranke, Migranten und Flüchtlinge sowie Mädchen und Frauen in Not. Täglich erreicht die württembergische Diakonie über 100.000 Menschen.