07. September 2016 Pressemitteilung

Modellprojekt zur legalen Arbeitsmigration aus dem Kosovo macht Schule

Zweiter Jahrgang der Ausbildung zur Altenpflege startet mit 54 Teilnehmenden

Blaupause für Projekte mit weiteren Ländern Südosteuropas: 54 junge Menschen aus dem Kosovo beginnen in diakonischen Einrichtungen eine Ausbildung zur Altenpflegefachkraft. Die Diakonie Württemberg öffnet erneut einen legalen Weg nach Deutschland. Beide Seiten profitieren: Die jungen Menschen entgehen der Arbeitslosigkeit im Kosovo, und sie erlernen einen Beruf, in dem hier Fachkräftemangel herrscht. Mit abgeschlossener Ausbildung haben sie eine Bleibeperspektive.

Stuttgart, 7. September 2016. Das Modellprojekt der württembergischen Diakonie geht mit dem zweiten Ausbildungsjahrgang an den Start. 54 junge Kosovaren beginnen eine Ausbildung in der Altenpflege. Es ist das umfangreichste Projekt dieser Art im Land. Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, hebt hervor, dass es wichtig sei, „dass die jungen Auszubildenden für die Menschen da sind in der Pflege.“ Dies verbinde alle Religionen. „Das erste Projektjahr hat gezeigt: Unser Modellprojekt ist als Blaupause für Angebote für Auszubildende aus weiteren Ländern Südosteuropas geeignet. Wir brauchen dringend Fachkräfte in der Pflege. Die jungen Menschen brauchen dringend eine Ausbildung und eine Perspektive.“

Neun Monate lang haben sich die Projektteilnehmenden im Kosovo auf die Ausbildung und das Leben in Deutschland vorbereitet. Im Juni hospitierten die Bewerber in den Einrichtungen, in denen sie die Ausbildung antreten: in der BruderhausDiakonie, der Evangelischen Diakonieschwesternschaft Herrenberg-Korntal, in der Evangelischen Heimstiftung, Mariaberg, der Samariterstiftung, der Evangelischen Altenhilfe St. Georgen, den Diakonischen Diensten Singen und dem Seniorenzentrum Paul Gerhardt Pforzheim.

Der Pilot startete im Herbst 2015 mit damals 27 jungen Kosovaren. Am Ende des ersten Ausbildungsjahrs liegen sie im guten Durchschnitt ihrer jeweiligen Ausbildungsklassen. Einige der jungen Leute haben nach dem ersten Jahr zusätzlich die Prüfung zum Altenpflegehelfer absolviert. Eine Auszubildende erhielt für ihren hervorragenden Abschluss eine Auszeichnung.

Auch die Ausbildungsträger sind zufrieden. „Nach einem Jahr Kosovo-Projekt können wir sagen: Es funktioniert“, sagt Johannes Miller, Hausdirektor des Martin-Haug-Stifts in Freudenstadt. Die Struktur des Projekts bewähre sich. „Wir haben großen Respekt vor der Leistung der beiden bei uns beschäftigten Auszubildenden. Sie sprechen jetzt fließend deutsch, sind erfolgreich in der Schule und richtig beliebt bei unseren Bewohnern.“ Durch das Projekt entstehe eine Vielfalt im Mitarbeiterteam, die der kultursensiblen Pflege zugute komme. Miller: „Wir haben weiterhin einen Bedarf an guten Fachkräften, und im Kosovo gibt es viele junge Menschen, für die eine Pflegeausbildung in Deutschland eine große Chance ist. Deswegen machen wir auch in der zweiten Runde mit.“

Diakonische Einrichtungen in Baden-Württemberg melden für den Ausbildungsbeginn 2017 bereits weitere 46 Ausbildungsplätze. Das Interesse der jungen Kosovaren ist ebenfalls hoch. Beim Kooperationspartner der Diakonie, der kosovarischen Nichtregierungsorganisation APPK (Agentur für Beschäftigungsförderung Kosovo), gingen für 2017 innerhalb von einer Woche mehr als 380 Bewerbungen ein. Zusätzlich zum allgemeinen Deutschkurs bietet APPK allen Bewerbern einen speziellen Deutschkurs für Pflegekräfte an, denn der benötigte professionelle Sprachschatz ist im Vokabular für B1 nicht enthalten. Mit diesem zusätzlichen Angebot erleichtert die Diakonie den Einstieg in die schulische Ausbildung.

Die Bevölkerung des Kosovo ist sehr jung; jeder Zweite ist unter 25 Jahre. Die Arbeitslosigkeit liegt bei durchschnittlich 40 Prozent. Bei Jugendlichen ist sie noch höher. Jedes Jahr drängen mehr junge Menschen auf den kosovarischen Arbeitsmarkt. Die lokale Wirtschaft ist noch schwach. Politische Instabilität, unzureichende Infrastruktur, schwierige Rahmenbedingungen und Investitionshürden belasten die wirtschaftliche Entwicklung. Das Projekt der Diakonie Württemberg bietet Chancen: legale Migration nach Deutschland; Ausbildung in einem Mangelberuf in Deutschland und anschließend die Möglichkeit, in dem Beruf zu arbeiten und dauerhaft zu bleiben. Wer zurück in die Heimat möchte, hat nach bestandener Prüfung eine qualifizierte Ausbildung absolviert und kann Wissen und Erfahrung in die Gestaltung des Kosovo einbringen. Demzufolge hat das Projekt die volle Unterstützung der Regierung des Kosovo, der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der deutschen Botschaft. Arban Abrashi, kosovarischer Minister für Soziales und Arbeit, Christina Gehlsen, stellvertretende Leiterin der deutschen Botschaft in Priština, und James Macbeth, Leiter des Büros der GIZ in Priština, haben die jungen Menschen persönlich in Priština verabschiedet und ihnen viel Erfolg gewünscht.

Die Diakonie Württemberg setzt sich für die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen in Notlagen ein, unter anderem für Flüchtlinge und Migranten. Zwölf Flüchtlinge absolvieren bei einem weiteren Pilotprojekt von Diakonischem Werk Württemberg, Samariterstiftung und Welcome Center Sozialwirtschaft ihre Ausbildung zur Pflegefachkraft.

Foto: Zweiter Jahrgang der Auszubildenden aus dem Kosovo. 

Bildunterschrift: Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg (2. v. li.), und Projektleiter Johannes Flothow (vorn rechts) begrüßen die erste Gruppe der Auszubildenden aus dem Kosovo auf dem Stuttgarter Flughafen.

Das Diakonische Werk Württemberg 
Das Diakonische Werk Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist ein selbstständiges Werk und der soziale Dienst der Evangelischen Landeskirche und der Freikirchen. Auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes unterstützt der Wohlfahrtsverband im Auftrag des Staates hilfebedürftige Menschen. Das griechische Wort „Diakonia“ bedeutet „Dienst“. Die Diakonie in Württemberg ist ein Dachverband für 1.200 Einrichtungen mit 40.000 hauptamtlichen und 35.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie begleiten Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen mit Behinderungen, alte und pflegebedürftige Menschen, Arbeitslose, Wohnungslose, Überschuldete und andere Arme, Suchtkranke, Migranten und Flüchtlinge sowie Mädchen und Frauen in Not. Täglich erreicht die württembergische Diakonie über 200.000 Menschen. Das Diakonische Werk Württemberg ist ebenfalls Landesstelle der Internationalen Diakonie, Brot für die Welt, Diakonie Katastrophenhilfe und Hoffnung für Osteuropa.


Sammlung zum Karfreitag 2024

Diakonie und Evangelische Landeskirche in Württemberg rufen zu Spenden für „Hoffnung für Osteuropa“ am Karfreitag auf. Mit dieser Aktion unterstützen die Diakonie und Landeskirche in Württemberg die humanitäre Hilfen und Soziale Arbeit ihrer langjährigen Partner in insgesamt zehn Ländern.