31. Mai 2017 Pressemitteilung

Immer länger ohne bezahlte Arbeit

Langzeitarbeitslose sind durchschnittlich fast 20 Monate ohne Arbeit, bei Kurzzeitarbeitslosen beträgt die Dauer der Arbeitslosigkeit knapp 6 Monate. Die Zahl der erwerbsfähigen Menschen, die in Baden-Württemberg von Hartz-IV-Leistungen leben, ist auf 335.666 Menschen gestiegen.

Zumeldung zur Meldung der Agentur für Arbeit zu den Arbeitslosenzahlen im Mai 2017

Stuttgart, 31. Mai 2017. Heute hat die Agentur für Arbeit die aktuellen Arbeitslosenzahlen bekannt gegeben und erneut die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt unterstrichen. Wir lenken den Blick auf Zahlen, die die Probleme des Arbeitsmarkts und der Arbeitslosen in Baden-Württemberg zeigen:

  • 107.700 mehr Beschäftigte bei nur 13.885 weniger Arbeitslosen als vor einem Jahr
  • Zwar haben 65.836 Personen ihre Arbeitslosigkeit beendet, aber nur 22.482 Personen konnten in eine Erwerbstätigkeit übergehen
  • Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten von Hartz IV beträgt 335.666, 19.947 mehr als vor einem Jahr

Die Zahl der Arbeitslosen ist im Mai 2017 um 6.413 Personen und damit erneut um 3,0 Prozent gesunken. Gegenüber dem Vorjahresmonat ist sie um 13.885 Personen niedriger ausgefallen, dieser Rückgang ist jedoch gegenüber der Gesamtzahl von immer noch 209.286 Arbeitslosen in Baden-Württemberg relativ gering.

Vor dem Hintergrund, dass es insgesamt 107.700 Beschäftigte mehr als vor einem Jahr gibt (insgesamt 4.534.500), stellt man fest, dass sich die positive Entwicklung des Arbeitsmarkts nicht im Abbau der Arbeitslosigkeit niederschlägt. Die Arbeitslosenquote sinkt mehr wegen der gestiegenen Beschäftigtenzahl als wegen der gesunkenen Arbeitslosenzahl. Die Arbeitsmarktentwicklung lässt die Arbeitslosen zurück. Das Statistische Landesamt weist darauf hin (www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2016351   ), dass die Zunahme der Beschäftigtenzahl auch darauf zurückzuführen ist, dass die durchschnittliche Arbeitszeit pro Beschäftigtem gesunken ist. Es arbeiten also mehr Menschen – oft ungewollt – in Teilzeitarbeitsverhältnissen. Hinzu kommt, dass die Zahl der Arbeitssuchenden gegenüber dem Vorjahresmonat um 484 Personen bzw. 0,1 Prozent auf 410.070 Personen gestiegen ist. Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt wird größer.

Die Zahl der Unterbeschäftigten – derer, die krank oder in Maßnahmen, aber eigentlich auch arbeitslos sind, fällt mit 300.605 deutlich höher aus als die der registrierten Arbeitslosen. Gerade diese Zahl ist gegenüber dem Vorjahresmonat um 4.605 oder 1,6 Prozent gestiegen.

Der Bericht der Arbeitsagentur weist aus, dass im Mai zwar 65.836 Personen ihre Arbeitslosigkeit beendeten, aber nur 22.482 Personen aus der Arbeitslosigkeit in eine Erwerbstätigkeit übergehen konnten. Nur 18,4 Prozent derjenigen, die aus dem SGB II, also dem Bezug von Hartz-IV-Leistungen, heraus ihre Arbeitslosigkeit beendeten, konnten eine Erwerbstätigkeit beginnen. Von den SGB-III-Empfängern, die aus der (Kurzzeit-)Arbeitslosigkeit abgingen, waren das immerhin 46,7 Prozent.

Der Bestand an offenen Stellen beträgt 100.252, 1.791 mehr als im Vormonat, aber dennoch kommen auf jede gemeldete offene Stelle immer noch rechnerisch ungefähr 2,1 Arbeitslose.

Die Zahl der Beschäftigung schaffenden Maßnahmen ist gegenüber dem Vormonat um 187 und gegenüber dem Vorjahresmonat um 561 auf jetzt 4.837 Plätze gestiegen. Diese Zahl ist gegenüber einer Gesamtzahl von 63.075 Langzeitarbeitslosen mehr als ungenügend und die Ausrichtung der Arbeitsmarktmaßnahmen auf Qualifizierung anstelle von öffentlich geförderter Beschäftigung ist angesichts der Struktur der Arbeitslosigkeit eine falsche Schwerpunktsetzung.

Die Zahl der Menschen, die von Hartz-IV-Leistungen leben – die Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II und ihre Angehörigen – ist im Jahresverlauf deutlich um 33.380 auf 470.406 Menschen gestiegen. Allein die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beträgt 335.666 und damit 19.947 mehr als vor einem Jahr. Diese Entwicklung ist deutlich negativer als die der reinen Arbeitslosenzahlen. Scheinbar gelingt es den Menschen selbst bei Aufnahme einer Arbeit nicht, sich aus der Hilfebedürftigkeit zu befreien. Dieser Trend nimmt zu. Das Phänomen steigender Armut trotz Arbeit weitet sich immer mehr aus und stellt ein ernsthaftes Alarmsignal dar.

Die Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit zeigt sich unverändert an der durchschnittlichen Dauer der Arbeitslosigkeit für Langzeitarbeitslose, die im SGB-II-Bereich jetzt bei 590  Tagen liegt, 7 Tage mehr als im Vormonat und sogar 23 Tage mehr gegenüber dem Vorjahresmonat. Demgegenüber beträgt die Dauer der Arbeitslosigkeit im SGB III, der Kurzzeitarbeitslosen, nur durchschnittlich 175 Tage und ist gegenüber dem Vorjahresmonat um 8 Tage gesunken.

Die positive wirtschaftliche Entwicklung sollte jetzt verstärkt genutzt werden, um diesen Menschen durch eine qualifizierte öffentlich geförderte Beschäftigung die Teilhabe an Arbeit zu ermöglichen und eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Stattdessen wird inzwischen für die Verwaltung der Arbeitslosigkeit doppelt so viel ausgegeben wie für Unterstützungs- und Eingliederungsmaßnahmen. Auch die in dem weitgehend gescheiterten Programm der Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) nicht verbrauchten Mittel in Höhe von 240 Millionen Euro pro Jahr sollen in die Verwaltungsetats der Jobcenter und nicht in aktive Unterstützungsmaßnahmen für anerkannte und geduldete Flüchtlinge fließen. Dabei werden nach einem Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (KB 4/2016) nur noch 14 Prozent aller Stellenbesetzungen über die Agenturen für Arbeit abgewickelt. Was die Agenturen und Jobcenter als ihr Kerngeschäft reklamieren, findet weitestgehend ohne sie statt, und immer mehr Gelder fließen in die Verwaltung der Arbeitslosigkeit statt in ihre Bekämpfung.

Weitere Hinweise unter:
http://www.initiative-pro-arbeit.de/   
http://www.o-ton-arbeitsmarkt.de/   

Das Diakonische Werk Württemberg 
Das Diakonische Werk Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist ein selbstständiges Werk und der soziale Dienst der Evangelischen Landeskirche und der Freikirchen. Auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes unterstützt der Wohlfahrtsverband im Auftrag des Staates hilfebedürftige Menschen. Das griechische Wort „Diakonia“ bedeutet „Dienst“. Die Diakonie in Württemberg ist ein Dachverband für 1.200 Einrichtungen mit 40.000 hauptamtlichen und 35.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie begleiten Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen mit Behinderungen, alte und pflegebedürftige Menschen, Arbeitslose, Wohnungslose, Überschuldete und andere Arme, Suchtkranke, Migranten und Flüchtlinge sowie Mädchen und Frauen in Not. Täglich erreicht die württembergische Diakonie über 200.000 Menschen. Das Diakonische Werk Württemberg ist ebenfalls Landesstelle der Internationalen Diakonie, Brot für die Welt, Diakonie Katastrophenhilfe und Hoffnung für Osteuropa.


Sammlung zum Karfreitag 2024

Diakonie und Evangelische Landeskirche in Württemberg rufen zu Spenden für „Hoffnung für Osteuropa“ am Karfreitag auf. Mit dieser Aktion unterstützen die Diakonie und Landeskirche in Württemberg die humanitäre Hilfen und Soziale Arbeit ihrer langjährigen Partner in insgesamt zehn Ländern.