Zwei Frauen malen an einem großen blau-grünen Gemälde

Wenn das Wasser steigt – wächst die Solidarität?

Ein Impuls- und Kunstabend in Waiblingen verbindet lokale Erfahrungen mit globalen Perspektiven.

Unter dem Titel „Wenn das Wasser steigt – wächst die Solidarität?!“ fand am 6. Dezember 2025 im Kreisdiakonieverband Rems-Murr-Kreis ein Impuls- und Kunstabend statt. Die Veranstaltung spannte den Bogen von den Starkregenereignissen im Rems-Murr-Kreis bis zu den dramatischen Folgen des Klimawandels im Pazifikraum. Wissenschaft, Praxis, internationale Perspektiven und Kunst kamen in einen lebendigen Dialog.

Moderiert wurde der Abend von Peter Schwarz (Zeitungsverlag Waiblingen), der gleich zu Beginn die doppelte Bedeutung der Fragestellung betonte: Einerseits habe der Starkregen im Frühsommer 2024 im Rems-Murr-Kreis eine beeindruckende Welle der Solidarität ausgelöst, andererseits fehle häufig der Blick auf die globalen Zusammenhänge. Genau hier setzte die Veranstaltung an.

Eine internationale Perspektive brachte Vani D. Catanasiga, Geschäftsführerin des Fiji Council of Social Services und Mitglied des nationalen Katastrophenschutzrates auf Fidschi, ein. Sie schilderte eindrücklich, dass der Klimawandel für die Menschen in Fidschi längst Teil des Alltags ist aufgrund von steigendem Meeresspiegel, Zyklonen und regelmäßigen Überflutungen. Ihre zentrale Botschaft: Die Stimmen der Betroffenen müssen gehört werden und es braucht unkonventionelle, grenzüberschreitende Lösungsansätze über Ozeane hinweg.

Den wissenschaftlichen Rahmen lieferte Prof. Dr. Randolf Rausch, Hydrogeologe an der TU Darmstadt. Er machte deutlich, dass regionale Wasserknappheit Realität ist und sich weiter verschärfen wird. Teile der aktuellen Wassernutzung seien nicht nachhaltig, weshalb klare Ausstiegs- und Anpassungsstrategien notwendig seien. Besonders die Landwirtschaft spiele eine Schlüsselrolle, da Wasser- und Landressourcen für natürliche Ökosysteme zunehmend unter Druck geraten. Der Klimawandel verstärke diese Dynamiken zusätzlich.

Einen sehr persönlichen Einblick in die Ereignisse vor Ort gab Thomas Rösch, Ortsvorsteher von Schorndorf-Miedelsbach. Er berichtete von der Wucht des Starkregens im Juni 2024, den Schlammmassen, die der Regen hinterließ, und den tiefen Spuren, die die Überschwemmungen im Ort und bei den Menschen hinterlassen haben. Gleichzeitig schilderte er die enorme Hilfsbereitschaft: Nachbarn, Ehrenamtliche, die Diakonie und viele weitere Akteure arbeiteten Hand in Hand. Schwere Geräte kamen zum Einsatz, Bautrockner wurden bereitgestellt. Trotz aller Solidarität seien die Folgen bis heute spürbar. So konnten einige Familien noch nicht in ihre Häuser zurückkehren und es gab zwei Todesopfer. Als wichtige Lehre nannte Rösch den Bedarf eines verlässlichen, lokal verankerten Krisenstabs.

Bei der Podiumsdiskussion berichteten Reinhard Bihlmeyer und Bettina Bergen vom Kreisdiakonieverband Rems-Murr-Kreis von den logistischen Herausforderungen und den konkreten Schicksalen betroffener Menschen. Neben finanzieller Hilfe bräuchten die Menschen vor allem belastbare Netzwerke und psychosoziale Unterstützung.

Deutlich wurde, dass Strukturen aus dem globalen Süden Vorbild sein können. In Fidschi existieren funktionierende Krisenausschüsse und die Gemeinschaften sind darauf vorbereitet, besonders vulnerable Personen im Blick zu behalten.

Ein besonderer Bestandteil des Abends war die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema. Die Künstler Andreas Heinrich Adler und Gez Zirkelbach (Atelier 4) berichteten, dass ihr Atelier bis zu 1,70 Meter unter Wasser und Schlamm stand. Ihre Werke - teils bewusst mit Schlammspuren - konnten die Besucherinnen und Besucher besichtigen. Bei einer Mitmachaktion entstand zusammen mit dem Publikum ein neues Kunstwerk, das die Themen Wasser, Verletzlichkeit und Solidarität aufgriff.

Zum Abschluss zeigte sich Randolf Rausch zuversichtlich, dass Technik, finanzielle Mittel und eine motivierte junge Generation vorhanden sind, um die globalen Wasserprobleme in einer sich verändernden Welt zu bewältigen. Reinhard Bihlmeyer unterstrich, dass es die Menschheit auszeichne, auch große Herausforderungen gemeinsam meistern zu können. Das Schlusswort sprach Vani D. Catanasiga: „Wir sind Treuhänder dieser Erde – heute und für die Zukunft. Es ist unser gemeinsamer Auftrag, eine sichere und resilientere Zukunft für unsere Kinder zu bauen.“

Der Abend machte deutlich: Wenn das Wasser steigt, wächst nicht nur die Solidarität vor Ort, sondern auch die Verantwortung, global zusammenzudenken und gemeinsam zu handeln.

Veranstalter waren der Kreisdiakonieverband Rems-Murr-Kreis und die Diakonie Württemberg mit ihren Landesstellen Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe.

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