Pränataldiagnostik

Unter Pränataldiagnostik (PND) versteht man vorgeburtliche Untersuchungen der Schwangeren und des ungeborenen Kindes, die auf mögliche Chromosomenvarianten, Fehlbildungen oder Stoffwechselerkrankungen hinweisen.

Allgemeines zur Pränataldiagnostik

Pränataldiagnostik im energen Sinne umfasst Maßnahmen, die über die drei regulären, in den Mutterschaftsrichtlinien empfohlenen Ultraschalluntersuchungen hinausgehen. Der medizinisch- technische Fortschritt eröffnet immer mehr Untersuchungsmöglichkeiten, immer früher in der Schwangerschaft. Das bringt für werdende Eltern mehr Verunsicherung und mehr Entscheidungszwänge mit sich. Eine bewusste Auseinandersetzung mit der persönlichen Zielsetzung von Untersuchungen und dem Umgang mit möglichen auffälligen Befunden ist unerlässlich.

Was kann PND leisten? Was nicht? 

Eltern hoffen auf die Bestätigung, dass mit dem Kind alles in Ordnung ist. Doch für alle pränataldiagnostischen Untersuchungen gilt: Es ist nur ein Teil möglicher Beeinträchtigungen während der Schwangerschaft feststellbar. Die Testergebnisse sind häufig nicht eindeutig - oft sind weitere Untersuchungen nötig. Viele Behinderungen und Entwicklungsstörungen des Kindes können erkannt werden, jedoch nur bei wenigen Krankheiten ist eine Behandlung möglich. Und so steht die Frage eines Schwangerschaftsabbruchs im Raum. Die Ergebnisse haben wenig Aussagekraft über Schwere und Verlauf einer Krankheit oder Behinderung  und die Art der Einschränkungen. Die Tests können auch Erkrankungen oder Behinderungen übersehen. Auch Fehlalarme sind möglich. 

Methoden der Pränataldiagnostik 

Es gibt invasive Verfahren, die in der Körper der Frau eingreifen und nicht-invasive Verfahren wie zum Beispiel Ultraschall- Untersuchungen und Bluttests. Weiter Informationen zu den Methoden finden Sie hier: Was ist Pränataldiagnostik? - familienplanung.de

Bei allen Untersuchungsmöglichkeiten gibt es auch ein Recht auf Nichtwissen!

Der Nichtinvasive Pränatal Test

Der Nichtinvasive Pränatal Test (NIPT) ist ein ethisch und gesellschaftlich umstrittener Bluttest zur Entschlüsselung der Erbanlagen des werdenden Kindes. Er sucht bei ungeborenen Kindern ab der 10. Schwangerschaftswoche unter anderem nach den Trisomien 13, 18 und 21, Veränderungen der Geschlechtschromosomen (z.B. Turner-Syndrom oder Klinefelter-Syndrom) oder nach seltenen Syndromem (z.B. DiGeorge-Syndrom, Prader-Willi-Syndrom, Angelmann-Syndrom, Cri-du-Chat-Syndrom) Seit 01.07.2022 ist der Bluttest auf die Trisomien 13,18 und 21 eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. 

Mehr Informationen zur Funktion und Verlässlichkeit des NIPT, sowie zu den Auswirkungen des NIPT als Kassenleistung finden Sie hier.

Präimplantationsdiagnostik

Präimplantationsdiagnostik (PID) ist die gezielte Untersuchung von durch künstliche Befruchtung gezeugten Embryonen auf bestimmte genetische Merkmale vor der Übertragung in die Gebärmutter.

Verfahren

Einem durch künstliche Befruchtung gezeugten Embryo werden nach dem 8-Zell-Stadium am vierten oder fünften Tag einzelne Zellen entnommen. Diese werden auf das Vorliegen genetisch verursachter  Erkrankungen oder Chromosomenstörungen hin untersucht. Nach wenigen Tagen werden ein oder zwei Embryonen, die keine ersichtlichen Genschäden zeigen, in die Gebärmutter übertragen. Embryonen mit genetischen Erkrankungen oder Chromosomenveränderungen werden aus der Embryokultur herausgenommen und sterben ab.

Rechtslage und Ethikkommission

Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) erlaubt in Deutschland nur die Untersuchung von Zellen, die sich nicht mehr zu einem Individuum weiterentwickeln können. Zusätzlich muss ein hohes Risiko für eine schwerwiegende Erbkrankheit oder Schädigung des Embryos bestehen, die höchstwahrscheinlich zu einer Fehl- oder Totgeburt führen würde. Welche Erbkrankheiten als schwerwiegend gelten, ist im Gesetz nicht definiert. Dafür wird eine achtköpfige Ethikkommission hinzugezogen, die jeden Einzelfall mit seinen besonderen Umständen begutachtet und über die Durchführung einer PID entscheidet. 

Kosten und Koalitionsvertrag

Die Kosten einer PID müssen von den potentiell werdenden Eltern selbst getragen werden. Der Koalitionsvertrag sieht jedoch eine Kostenübernahme durch die Gesetzlichen Krankenkassen vor.

Kritik

Kritisch zu betrachten ist grundsätzlich die selektive Wirkung und das Diskriminierungspotential von PID, insesondere wenn sie durch die Solidargemeinschaft der Versicherten finanziert wird. Dies erhöht den sozialen Erwartungsdruck für werdende Eltern, Kinder zu gebären, die der Norm zu entsprechen scheinen.

Weiterführende Informationen zu PID finden Sie hier: Präimplantationsdiagnostik - familienplanung.de            Präimplantationsdiagnostik — DRZE

Ethische Spannungsfelder

Der rasante medizinisch- technische Fortschritt im Bereich der vorgeburtlichen Untersuchungen bringt ethische Grundsatzfragen und Verantwortung mit sich, die nicht allein auf den Schultern von werdenden Eltern abgeladen werden darf. Es bedarf einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion über Fragen wie: Was soll alles untersucht und mitgeteilt werden dürfen und zu welchem Zweck? Welche Folgen sind mit dem erlangten Wissen verbunden und wie können Ärzte und werdende Eltern verantwortlich mit den Testmöglichkeiten umgehen, insbesondere wenn sie keine Therapiemöglichkeiten mit sich bringen? 

Kritische gesellschaftliche und individuelle Folgen: 

  • Sozialer Erwartungsdruck, Tests zu nutzen 
  • Selektive Wirkung der Tests 
  • Infragestellung der bedingungslosen Annahme von ungeborernen Kindern 
  • Rechtfertigugsdruck für Eltern und ihr Kind mit Behinderung 
  • Zunehmende Diskriminierung kranker und behinderter Menschen im Widerspruch zur UN Behindertenrechtskommission 

In keiner Weise geht es um Kritisierung oder Beurteilung von individuellen Lebensentscheidungen werdender Eltern.

Veröffentlichungen zur Pränataldiagnostik

© Pexels, Shvets Production

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