Das Bundesteilhabegesetz

Ein zentraler Baustein ist die zum 01.01.2020 in Kraft getretene Reform der Eingliederungshilfe. Hier wurden die Hilfen für Menschen mit Behinderung aus dem Sozialhilferecht des SGB XII in ein vollwertiges Leistungsrecht in das SGB IX überführt.

Dies hat zu vielfältigen Änderungen geführt. Menschen mit Behinderungen haben weitergehende rechtliche Ansprüche auf Leistungen der Eingliederungshilfe, die personenzentriert und individuell beschieden und erbracht werden müssen. Die Anrechnung von Einkommen und Vermögen wurde zugunsten der Menschen mit Behinderung geändert.

Mit der Reform der Eingliederungshilfe ist auch eine Neudefinition des Behinderungsbegriffes verbunden. War bislang der Leistungsanspruch allein mit den körperlichen oder kognitiven Einschränkungen begründet, so werden jetzt die Teilhabeeinschränkungen auch aufgrund äußerlicher Barrieren ausgelöst. Menschen SIND nicht mehr behindert, sondern WERDEN behindert – ein wesentlicher Unterschied für das Selbstverständnis von Menschen mit Behinderung.

Das BTHG als Bundesgesetz muss in den Bundesländern landesrechtlich umgesetzt werden. In Baden-Württemberg wurden die Aufgaben der Eingliederungshilfe den Stadt- und Landkreisen zugewiesen, es gibt somit 44 Träger der Eingliederungshilfe.

Um in Baden-Württemberg vergleichbare Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderung zu gestalten, haben die Leistungsträger (also die 44 Stadt- und Landkreise) sowie die Verbände der Leistungserbringer einen Landesrahmenvertrag geschlossen. In diesem Prozess war auch die Interessensvertretung für Menschen mit Behinderung beteiligt. Der Landesrahmenvertrag ist mit allen Anlagen hier abrufbar: SGB IX

Ein weiterer Beitrag zu vergleichbaren Lebensverhältnissen ist ein landesweit verbindlich anzuwendendes Instrument zur Ermittlung der persönlichen Bedarfe von Menschen mit Behinderung. Das sogenannte BEI_BW (Bedarfsermittlungsinstrument Baden-Württemberg) wurde 2024 nochmals überarbeitet und vereinfacht.

Die Umsetzung ist noch nicht abgeschlossen, es handelt sich um einen langandauernden Prozess. Die Diakonie Württemberg setzt sich mit aller Kraft dafür ein, dass die Reform den Menschen mit Behinderung zugutekommt.

Informationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung geben Landesgeschäftsstelle und Kompetenzzentrum-BTHG unter dem Titel „Jetzt (erst) Recht! Information für viele - juristische Begleitung für einige, Empowerment für alle“.

Aktion Mensch hat das Projekt für die Umsetzung einer der größten Sozialrechtsreformen in Deutschland bewilligt. Bis Anfang 2027 finden Informationsveranstaltungen über die Rechte von Menschen mit Behinderung statt. Von zentraler Bedeutung ist die Vorbereitung auf das Gesamtplanverfahren und die Kenntnis der Rechte der Menschen mit Behinderung in diesem Verfahren, da es hier um die Feststellung der konkreten Bedarfe geht.

Auch intensivere juristische Beratungen, Begleitungen und auch Empowerment in sozial-rechtlichen Angelegenheiten für einzelne Menschen mit Behinderung, die mit ihrem Leistungsbescheid nicht einverstanden sind, gehören zum Angebot. 

Darüber hinaus sind Austauschplattformen, inklusive Arbeitsgruppen und Fachforen mit viel Informationen und Lernmöglichkeiten zu zahlreichen Fragestellungen, mit Unterstützung des Beirats von Menschen mit Behinderung des Fachverbands und einzelner Fachdienste, geplant.

Das Projekt wendet sich an Menschen mit Behinderung und/oder psychischen Erkrankungen, deren Angehörige, rechtliche Betreuerinnen und Betreuer sowie gewählte Interessensvertretungen wie Bewohnerbeiräte und Werkstatträte. 

Niederschwellig und mit hoher Fachkompetenz werden im Projekt „Jetzt (erst) Recht“ Menschen mit Behinderung in der jeweiligen Region, vor Ort und in den Mitgliedseinrichtungen qualifiziert. 

Rechtsverwirklichung ist eine der Kernaufgaben von Inklusion!