Gefragt ist die Gabe zuzuhören und ein wenig Zeit
Besuchsdienst Vierte Lebensphase sucht neue Ehrenamtliche – Einführungsabend am 25. April
Es ist nicht immer eine leichte Aufgabe, aber eine erfüllende. Wer regelmäßig einen einsamen Menschen besucht, erfährt viel Dankbarkeit. Anne Ramminger weiß das. Die 70-jährige ehemalige Lehrerin ist seit mehr als fünf Jahren im Ehrenamt beim Besuchsdienst Vierte Lebensphase der Evangelischen Gesellschaft (eva) dabei. Für diese Aufgabe hat sie sich bewusst entschieden. Und sie wurde darauf vorbereit: In einem Kurs, in dem Themen wie Demenz und die Grenzen des Helfens von Fachkräften der eva besprochen werden. Im Mai startet wieder ein solcher Kurs, vorab erfahren Interessentinnen und Interessenten mehr über den Besuchsdienst bei einem Infoabend. Er findet statt am 25. April um 17 Uhr im Haus der Diakonie, Büchsenstraße 34/36, Stuttgart.
Beruflich hatte Anne Ramminger mit Jugendlichen zu tun. Im Ruhestand wollte sie etwas anderes machen: Jetzt sind es ältere Menschen, für die die ehemalige Deutschlehrerin regelmäßig Zeit aufwendet. Zwei Stunden in der Woche widmet sie ihrem Ehrenamt, dem Besuchsdienst. „Am Anfang war ich wöchentlich bei einer älteren Dame, die schon etwas dement war. Wir haben uns unterhalten so gut es eben ging. Und ich habe sie zum Friedhof ans Grab ihres Mannes begleitet“, erinnert sich Anne Ramminger an die Frau. Später hat die frühere Lehrerin regelmäßig Zeit bei einer älteren Dame verbracht, die schwer übergewichtig war und nur unter Mühe das Haus verlassen konnte. Anfangs sind sie dennoch oft spazieren gegangen. „Als sie das nicht mehr wollte, habe ich das selbstverständlich akzeptiert. Man muss beim Besuchsdienst die Menschen so nehmen wie sie sind und sie nicht belehren wollen“, sagt Anne Ramminger.
Für die Lehrerin im Ruhestand ist dieses Ehrenamt auch eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Alter. „Es ist so unterschiedlich, wie Menschen mit der Mühsal der späten Jahre umgehen, das ist für mich spannend“, sagt sie. Was sie am Besuchsdienst sehr zu schätzen weiß, sind die tiefen Einblicke, die sie in andere Lebenswelten bekommt. „Das ist für mich ein Geschenk. Und es ist schön zu erleben, wie sich die Leute freuen, wenn man kommt.“ Dass sich die Gespräche manchmal auch im Kreis drehen, dass es oft die gleichen Geschichten sind, die sie zu hören bekommt, stört sie nicht.
Die übergewichtige Dame ist kürzlich verstorben. Jetzt ist Anne Ramminger zu Besuch bei einer Frau, die klug ist, viel zu sagen hat, aber seit zwei Jahren das Haus nicht mehr verlassen hat. „Dass wir das gemeinsam tun, ist mein Ziel. Noch kenne ich die Dame allerdings nicht gut genug“, sagt Anne Ramminger.
Die Chemie muss stimmen zwischen den Ehrenamtlern und den Besuchten. Hier wird nichts dem Zufall überlassen: Die Organisatoren des Besuchsdiensts bei der eva überlegen genau, wer zu wem passen könnte und sind beim ersten Besuch mit dabei. Im Mai startet der Vorbereitungskurs, bei dem die künftigen Ehrenamtlichen an zehn Abenden viel über gerontopsychiatrische Krankheitsbilder, Biografiearbeit und Selbsterfahrung lernen. Der Kurs findet im Zwei-Wochen-Rhythmus statt, der Termin wird den Wünschen der Teilnehmenden entsprechend festgelegt. Mehr Informationen gibt es beim Informationsabend am 25. April im Haus der Diakonie und bei Ingrid Braitmaier vom Besuchsdienst Vierte Lebensphase der eva, Telefon 0711.20 54-3 29, Mail: .