Mitarbeiter der Remstal Werkstätten gewinnt Lyrik-Preis
Waiblingen/Weinstadt, 23. August 2023 - Mit so einem Erfolg hatte Manfred Luczinski beim besten Willen nicht gerechnet. Im Januar hatte er spaßeshalber eines seiner Gedichte („Welkes Blatt“) online beim Literaturwettbewerb des Fischer-Verlags in Frankfurt eingereicht. Und danach – nach dem Motto „aus den Augen aus dem Sinn“ – eigentlich gar nicht mehr dran gedacht. Bis vor etwa vier Wochen ein Brief aus Frankfurt im Briefkasten lag. Ein Glückwunsch-Schreiben und ein Buchpreis über 250 Euro, Manfred Luczinski hatte tatsächlich den ersten Platz in der Kategorie Lyrik belegt.
„Da hätte ich überhaupt nicht damit gerechnet, das hat mich schon sehr überrascht“, gibt der 58-Jährige offen zu. Sein Gedicht wird nun, zusammen mit dem zweit- und drittplatzierten sowie den drei besten Erzählungen in einer Anthologie des Verlags veröffentlicht, die zur Frankfurter Buchmesse im Oktober erscheint. „Wenn man so eine Bestätigung bekommt, dann tut das natürlich schon gut“, sagt der vielseitig Interessierte. Im Vordergrund steht für den Mitarbeiter der Remstal Werkstätten jedoch nicht der Stolz über den ersten Preis, sondern eine tiefe Dankbarkeit. Vor allem „den Leuten gegenüber, die mir und anderen zur Seite stehen und mich unterstützen“.
Sein Beispiel hat gezeigt, dass man durch die Unterstützung – sei es durch die Mitarbeitenden der Diakonie Stetten, dem Hilfsverein für psychisch Kranke, den Kollegen in der Waiblinger Rehawerkstatt, in der Kreativen Werkstatt und von Bekannten – wieder Sicherheit im Leben gewinnen kann. Eine Sicherheit, die einen zu besonderen Fähigkeiten animieren kann, aber auch zu so viel Selbstvertrauen, um an einem anspruchsvollen Literatur-Wettbewerb teilzunehmen.
Was für den begeisterten Nutzer der „Kreativen Werkstatt“ ebenfalls mehr zählt als der persönliche Erfolg ist die Botschaft, die an alle anderen gehen soll: Nicht nur die Gleichgesinnten in der Kreativen Werkstatt und der Rehawerkstatt, sondern auch an alle, die irgendein Handicap zu schultern haben. Er sieht sich als Mutmacher. Als jemand, der sich nicht in den Vordergrund drängen möchte – „Ich bin nämlich keine Rampensau wie man so schön sagt“ – der anderen aber auch zeigen will: Jeder kann etwas erreichen. Wenn Wille und Mut vorhanden sind. Dann ist auch eine chronische psychische Krankheit wie Schizophrenie kein Hindernis.
„Den Schritt an die Öffentlichkeit zu gehen hat mich schon Überwindung gekostet, aber es ist auch toll mitzubekommen, was das bewirken kann“. Der 58-Jährige, der in Beutelsbach wohnt und einen gut strukturierten Alltag hat, versteckt sich nicht zuhause und sitzt an schönen Sommertagen auch gern an der Eisdiele. Vor zehn Jahren, als er mit dem Gedichte schreiben begonnen hat, war das vielleicht noch anders. „Ich musste mich freischreiben, da habe ich richtig Gas geben müssen“. Um Gefühle und Stimmungen auszudrücken, hat er Gedichte wie am Fließband geschrieben, über alle möglichen Themen. Über Gefühle, über tiefgründige, aber auch sozialkritische Themen wie zum Beispiel über Bootsflüchtlinge.
Inzwischen sind die drängendsten Geschichten in Gedichtform für den 58-Jährigen scheinbar auserzählt, das Hobby Malen hat inzwischen mehr Raum eingenommen in seinem Leben. So geht Manfred Luczinski fünf Jahre, nachdem er mit dem Malen begonnen hat, jeden Mittwoch immer noch mit Begeisterung in die Kreative Werkstatt der Diakonie Stetten in Waiblingen, um in der Gemeinschaft mit anderen zu malen. Gefühle und Stimmungen also weiterhin zu Papier zu bringen, aber nun halt in Farbe und auf Bildern anstatt in Worten. „Es ist richtig toll hier, wir haben eine sehr gute Atmosphäre in der Gruppe und auch mit unserer Gruppenleiterin Frau Ebner“, freut er sich. Und das zählt für den 58-Jährigen noch ein bisschen mehr, als der erste Preis in einem renommierten Literaturwettbewerb.