Emotionaler Abschluss: Knapp 100 Azubis lösten Eintrittskarte ins Berufsleben

Berufsbildungswerk (BBW) Waiblingen hat junge Fachkräfte verabschiedet.
Waiblingen/Esslingen, 06. August 2025 - Für knapp 100 junge Frauen und Männer beginnt in diesen Tagen ein neuer Lebensabschnitt. Sie haben ihre Ausbildung in rund 30 verschiedenen Berufen im Berufsbildungswerk (BBW) Waiblingen erfolgreich abgeschlossen.
BBW-Leiter Tilmann Schamal und Sonderberufsschulleiter Achim Köhler blickten in viele glückliche Gesichter, als sie den diesjährigen Absolvent*innen-Jahrgang verabschiedeten. Und das gleich zwei Mal, denn damit alle Gäste, Freunde, Familienmitglieder und Mitarbeitende im BBW-Speisesaal Platz finden, wurde an zwei Tagen hintereinander gefeiert.
Tilmann Schamal betonte den Wert einer abgeschlossenen Ausbildung als Türöffner in die Berufswelt. Zahlreiche Erfolgsgeschichten seien in den vergangenen Jahren geschrieben worden, so der BBW-Leiter. Und blickte in seinem Grußwort unter anderem auf Lukas, einen jungen Mann, der in diesem Sommer im BBW Waiblingen seine Ausbildung zum Verkäufer erfolgreich beendet hat. Eine tolle Leistung für den zierlichen 24-Jährigen, denn zu Beginn seiner Schulzeit sei daran noch nicht zu denken gewesen.
Gegen seinen Willen war Lukas als Kind auf eine Schule für Körperbehinderte gekommen und fühlte sich dort vollkommen unterfordert. Erst in der 7. Klasse konnte er auf eine Gemeinschaftsschule wechseln – damals hatte er den Bildungsstand eines Zweitklässlers. Innerhalb eines Jahres boxte sich Lukas an der GMS durch und hatte sich mit viel Fleiß bis zum Ende der 7. Klasse auf genau dieses Leistungsniveau hochgearbeitet. Unterstützung hatte er auch aus seiner Kirchengemeinde erhalten, denn der Glaube ist dem jungen Mann sehr wichtig.
Nach seiner GMS-Zeit machte Lukas ab 2020 ein schulisches Berufsvorbereitungsjahr (VAB) im Beruflichen Ausbildungszentrum (BAZ) Esslingen, das er mit einem Hauptschulabschluss krönte. Schließlich kam er über die Agentur für Arbeit im Herbst 2021 für eine Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) ins BBW Waiblingen. Mit dem Ergebnis, dass er am Ende einen Ausbildungsvertrag im Verkauf in der Tasche hatte.
Im Herbst 2022 begann Lukas am BBW seine Ausbildung zum Verkäufer. Nicht nur wegen eines Ausbilderwechsels eine herausfordernde Zeit. Lukas musste im ersten Ausbildungsjahr auch einige private Schicksalsschläge erleiden, als in kürzester Zeit alle seine Großeltern starben. Sein Lehrer Chris Fallscheer hat ihn damals sehr unterstützt, gab ihm Halt und Sicherheit – genau wie BBW-Psychologin Daniela Minnich.
Heute sind nicht nur seine Eltern stolz darauf, dass sich Lukas mit viel Fleiß durch seine Ausbildungszeit gekämpft hat. Neben Lehrer Chris Fallscheer blicken auch Bildungsbegleiterin Heike Horn und Sozialpädagoge Christian Sattler sowie Psychologin Jasna Dreger bewundernd auf den jungen Mann, der gern mit Menschen, vor allem Kindern arbeitet. Und was liegt da im Verkauf näher, als eine Arbeit in einem Spielwarengeschäft? Im Februar 2023 begann Lukas ein Außenpraktikum bei Heiges Spiel- und Lederwaren in Esslingen. Ein Volltreffer, denn Lukas setzte sich wie kein anderer vor ihm fleißig mit dem gesamten Sortiment auseinander. „Ich habe noch nichts Vergleichbares erlebt“, sagt Chris Fallscheer bewundernd. Kein Wunder also, dass die Inhaber-Familien Walter den jungen Verkäufer gern übernehmen wollten. Nun ist er bei ihnen seit dem 5. Juli fest angestellt und darf sich sogar um eine eigene Abteilung kümmern (Schleich).
„Lukas war mir eine Stütze. Er hat immer alles gegeben und war sehr hilfsbereit“, lobt auch BBW-Ausbilderin Marijana März. Besonders hervorzuheben: Der junge Verkäufer hat sich enorm für den Klassenverband eingesetzt. Er hat unter anderem angeregt, alle Azubis an ihrem jeweiligen Praktikumsplatz zu besuchen und in Aktion zu erleben. Außerdem war es seine Idee, dass sich alle Azubis an Unterrichtstagen am Bahnhof Waiblingen treffen und dann geschlossen zum Unterricht gehen. Chris Fallscheer: „So einen hatten wir noch nie!“
Wie wichtig die BBW-Zeit für die eigene Entwicklung war, daran erinnerten während der diesjährigen Abschlussfeiern auch Nemo Schwarz und Teresa Kütemann von der Teilnehmenden-Vertretung. „Viele von uns haben in dieser Zeit nicht nur Fachwissen gesammelt, sondern gelernt, für sich einzustehen. Gelernt, weiterzumachen – auch wenn es schwer war. Gelernt, dass man nicht perfekt sein muss, um Großes zu schaffen“, betonte Teresa Kütemann. Und dankte allen, die sie auf diesem Weg unterstützt hatten.
Es hat sich gelohnt, denn die Bilanz kann sich durchaus sehen lassen: Ein großer Teil der Absolvent*innen hat im direkten Anschluss an die Ausbildung bereits eine Arbeitsstelle.