20. Juni 2025

Ein Chor für alle – unter der Leitung eines „verrückten Professors“

Hans-Jürgen Kaiser sitzt im Anzug an der Orgel in der Kirche und lächelt.
© Mariaberg e.V.

Prof. Hans-Jürgen Kaiser lädt zum inklusiven Mitsingen nach Mariaberg ein.

Gammertingen-Mariaberg (vea). Ein Chorleiter, der Jahrzehnte lang Domorganist in Fulda war und Professor für Orgelimprovisation an der Hochschule in Mainz ist – und jetzt ein offenes Singangebot für alle in Mariaberg anbietet? Ja, genau das plant Professor Hans-Jürgen Kaiser. Der renommierte Kirchenmusiker will einen Ort schaffen, an dem gemeinsames Singen im Mittelpunkt steht – ohne Leistungsdruck, dafür mit viel Spaß und Raum für Entwicklung.

Der neue Chor in Mariaberg steht Menschen mit und ohne Behinderung offen. Ab Ende Juni können sich Interessierte aus der Region bei sechs Probeterminen ausprobieren – kostenlos und ohne Vorkenntnisse. Der künstlerische Leiter: Hans-Jürgen Kaiser, Jahrgang 1959, bis 2024 Domorganist in Fulda und bis heute Professor für Orgel an der Mainzer Musikhochschule.

Mehr Singen als Chor

Seit Herbst 2024 wohnt Kaiser in Mägerkingen, direkt neben Mariaberg. „Ich wollte schon immer ein offenes Singen anbieten“, erzählt er. Der Impuls kam über die Mariaberger Diakonin Renate Nottbrock, die für ein neues, inklusives Chorformat eine Leitung suchte. Über seine Frau Elisabeth Zaia erfuhr Kaiser davon und schnell war klar: Da entsteht etwas Neues.

„Es soll weniger Chor als mehr gemeinsames Singen sein“, erklärt Kaiser. „Ohne verpflichtende Auftritte, ohne komplizierte Mehrstimmigkeit. Einfach mal anfangen und sehen, wohin es führt.“ Im Zentrum stehen Begegnung, Selbstausdruck und Gemeinschaft – nicht das perfekte Chorergebnis. „Sollte es beim Musizieren nicht viel mehr Angebote geben, bei denen es weniger um musikalische Leistung als um soziale Integration geht?“, fragt Kaiser. Er meint das ernst – und weiß um die Kraft der Musik. „Singen passiert über die Stimmbänder, die Atmung, das Hirn, über Bewegung – es tut einfach rundum gut!“

Von der Domorgel ins Dorf

Trotz seiner jahrzehntelangen Erfahrung im Konzertbetrieb versteht Kaiser den neuen Chor als Lernfeld – auch für sich selbst: „Ich bin ein leistungsorientierter Musiker. Für mich ist dieses Projekt erstmal entspannt. Aber es macht mehr Spaß, wenn man was dabei lernt – auch ich!“ Es sei spannend, herauszufinden, wie man einzelnen Menschen das Singen näherbringen kann. „Jeder tickt anders“, meint er. Ausgehend vom Gesangbuch ist der Chorleiter offen für alle Musikvorschläge. Kaiser will Lieder anbieten, „die man im Alltag pfeifen kann“, begleitet am Klavier, oft auswendig – auch, um das Gedächtnis zu trainieren. Mit Chor-Coaching und der Modernisierung von Kirchenchören beschäftigt sich der Akademiker schon seit vielen Jahren. Als Mitherausgeber des ökumenischen Standardlehrwerks zur Kirchenmusik im deutschsprachigen Raum, „Basiswissen Kirchenmusik“ (Carus-Verlag, 2009) veröffentlichte er darin einen Artikel zur Bedeutung des Seniorensingens. Letzteres liegt ihm persönlich am Herzen: „Meine Mutter ist 87 und war lange im katholischen Kirchenchor. Heute freut sie sich jede Woche aufs gemeinsame Singen in der Seniorenresidenz. Das erzählt sie mir jedes Mal. Das gemeinsame Singen ist nicht nur für ältere Menschen unglaublich wohltuend.“

Einfach mitmachen!

Das neue Chorformat in Mariaberg richtet sich an alle, die Freude am Singen haben – unabhängig von Alter, Hintergrund oder musikalischen Vorerfahrungen. Die Teilnahme an den ersten sechs Proben ist kostenlos. „Ich fände es wirklich gut, wenn auch Sängerinnen und Sänger aus dem Umkreis kämen – wenn so ein verrückter Professor ein Projekt in Mariaberg macht“, sagt Kaiser und lacht. Eine herzliche Einladung an alle, die gern einmal mitsingen wollen. Der erste Termin am 27.6.25 findet im Kommunikationszentrum, Klosterhof 4/1 in Gammertingen-Mariaberg, statt. Alle Folgetermine finden im Refektorium des ehemaligen Klosters Mariaberg, Klosterhof 1 in Gammertingen-Mariaberg statt. Um vorherige Anmeldung unter pfarrstelle(at)mariaberg.de wird gebeten.

Lichtblicke – Benefiz-Abend 2025

1. Juli 2025 – Hospitalhof Stuttgart. Genießen Sie einen schönen Sommerabend. Bereits ab 18 Uhr wird im Rosengarten des Hospitalhofs bewirtet. Helfen Sie durch Ihren Besuch Armut zu bekämpfen und lassen Sie uns gemeinsam Lichtblicke für Personen schaffen, die auf Notfallhilfe, Beratung oder Teilhabe angewiesen sind.