21. März 2023

Holz – Glas – Textil – Stein: Kunstsammlung Uhrig

Uhrig-Holzrelief Marburg, Foto: Dagmar Kötting

Am Palmsonntag, den 2. April 2023 wird um 15 Uhr die neue Ausstellung in der Kunstsammlung Helmuth Uhrig im Berneuchener Haus Kloster Kirchberg in Sulz am Neckar eröffnet. Der Geistliche Leiter des Berneuchener Hauses, Pfarrer Frank Lilie, die Kuratorin der Sammlung, Dr. Ingrid Helber und der Arbeitskreis Uhrig freuen sich über alle interessierten Gäste. Der Festakt wird erstmals in der Oberen Scheuer abgehalten. Danach besteht die Möglichkeit, die Kunstsammlung bis 17 Uhr zu besuchen. Anschließend wird zu einer Musikalischen Vesper mit dem Kammerorchester Balingen in die Johanniskirche eingeladen.

Die Idee, sich ausführlich mit den vom Künstler verwendeten Materialien zu beschäftigen, kam aus dem Arbeitskreis Uhrig. Anlass gab die neue Stiftung eines großformatigen Holzreliefs aus dem Gemeindehaus Ortenberghaus in Marburg. Helmuth Uhrig schuf das Relief 1963. Probleme bereitete dem Künstler damals das schlecht gelagerte, noch feuchte amerikanische Nussbaumholz. Otto Klein vom Arbeitskreis hat das Relief liebevoll und aufwändig restauriert, wobei die bald nach der Ausarbeitung aufgetretenen Risse nun sichtbar bleiben. Das tut dem Kunstwerk keinerlei Abbruch. Von der Bildaussage her hat Uhrig vier biblische Szenen miteinander verwoben: Die Speisung der 5000 erscheint in einem symbolhaften Kurzbild auf dem Tisch mit Fischen und Broten. Das „Lamm Gottes“ als Symbol für den Opfertod Christi befindet sich ebenfalls in einer Kartusche auf dem Tisch. Die Hochzeit von Kana wird durch die Weinamphoren vor dem Tisch dargestellt. Die rahmende Hauptszene bildet das letzte Abendmahl mit Jesus und seinen 12 Jüngern, die um den Tisch gruppiert sind. Eine Auswahl von Kunstwerken aus Holz von der frühen Künstlerzeit wie der „Anbetung der Könige“ bis zum Spätwerk ist im Berneuchener Zimmer zu sehen.

Erstmals sind in großem Umfang die Glasfensterentwürfe ausgestellt, die Uhrig für die evangelische Kirche in Karlsruhe-Neureut-Nord geschaffen hat. Sie entstanden ebenfalls 1963 wie das große Holzrelief. Die Themen reichen von der Erschaffung der Welt im Alten Testament bis zum Leben und Leiden Christi im Neuen Testament. Auffallend sind die leuchtenden roten und blauen Farbtöne. Die Bilder sind in der Kirche in zwei „Streifen“ angeordnet. Unten gibt es ein rechteckiges Format, oben passt sich die Gestaltung den Spitzbögen der Fenster an. Ulrich Koring vom Arbeitskreis Uhrig hat die der Kunstsammlung gestifteten originalen Glasfenster aus dem ehemaligen Klinikum in Villingen mit einer Beleuchtung versehen, die die Kunstwerke Uhrigs noch stärker zum Ausdruck bringt.

Für das Material Stein steht in der Ausstellung die Kanzel aus der Paul-Gerhardt-Kirche in Ulm. Diese entstand wie der Taufstein, der sich heute in der Johanniskirche befindet, von 1957 bis 1959. Beide kamen als Stiftung auf den Kirchberg, da die Kirche nicht mehr zu unterhalten gewesen war und abgerissen wurde. Helmuth Uhrig bearbeitete gerne den roten Maulbronner Sandstein mit seinen Zeichnungen, die den Reliefs Struktur verleihen. Bei der Kanzel weist der biblische Sämann mit dem vierfachen Ackerfeld auf die Verkündigung hin. Das Gleichnis vom Sortieren der Fische ist eher unbekannt. Man kann interpretieren: Das Wort Gottes fällt auf fruchtbares, aber auch unfruchtbares Gelände.

Beispiele für Uhrigs Entwürfe für textile Arbeiten sind die Wandbehänge aus dem Elisabethenstift in Darmstadt. Dort gab es eine Paramentenwerkstätte, die von der späteren Nachlassverwalterin Marie-Margot Drescher geleitet wurde. In der Zusammenarbeit von Uhrig und Drescher entstanden viele beeindruckende Werke. Zu sehen sind zwei Erzengel. Es handelt sich um aufwändige Stickereien. Die roten Fäden auf hellem Grund gestalten wie in Umrisszeichnungen die Bildaussage.

Eine weitere Besonderheit für Uhrigs Schaffen sind die Glockenzieren. Der Künstler hat hierbei feine Reliefs in Gips gefertigt und mit Wachs ausgegossen. Solche kleinen Kunstwerke aus Wachs werden auf die „falsche Glocke“ aufgebracht und sind nach dem Guss als erhabene Reliefs sichtbar. Eines der in der Kunstsammlung vorhandenen Wachsreliefs konnte erst vor Kurzem von der Kuratorin Dr. Ingrid Helber als Vorlage für die Ewigkeitsglocke der Stadtkirche in Balingen identifiziert werden. Diese wurde 1948 bei der Firma Kurtz in Stuttgart gegossen.

Die Besucher erwarten mit der neuen Ausstellung wieder interessante Einblicke in die Vielfalt des Kunstschaffens von Helmuth Uhrig.

Öffnungszeiten: Jeder 1. und 3. Sonntag eines Monats von 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung. Der Arbeitskreis will außerdem an weiteren Sonntagnachmittagen die Kunstsammlung öffnen.

Autorin: Dr. Ingrid Helber