Die Initiative Pro-Pflegreform stellt sich neu auf

Bernhard Schneider gibt die Sprecherrolle ab – Bodo de Vries übernimmt
Stuttgart, 26. September 2025 – Mit dem Ruhestand von Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung sowie Gründer und Sprecher der Initiative Pro-Pflegereform, stellt sich das Netzwerk neu auf. Eine große Pflegereform ist noch nicht in Sicht. Deshalb will die Initiative ihre Reformvorschläge auch weiterhin mit Nachdruck in die Reformdebatte einbringen. Sprecherrolle und Koordination des Netzwerkes übernimmt zukünftig Dr. Bodo de Vries vom Johanneswerk in Bielefeld.
Die Initiative Pro-Pflegereform hat mit der Veröffentlichung des dritten Gutachtens von Prof. Dr. Heinz Rothgang zur alternativen Ausgestaltung der Pflegeversicherung im März 2025 eine Blaupause für eine große, nachhaltige Pflegereform vorgelegt. Die Reformvorschläge der Initiative sind im pflegepolitischen Diskurs immer wieder zu finden, auch wenn die aktuellere Reformdebatte eher von Sparkursen bestimmt ist. Zumindest haben Begrenzung der Eigenanteile und der Abbau der Sektoren gute Chancen, aufgegriffen zu werden. „Wenn eine grundlegende Neuausrichtung der Pflegereform gelingen soll, wird man an den Vorschlägen der Initiative auch künftig nicht vorbeikommen“, weiß Bernhard Schneider.
Es könnte der Eindruck entstehen, dass die Ziele der Initiative erfüllt und die Reformvorschläge getrost in die Hände der Verbände gelegt werden können. Die Initiatoren und Unterstützer der Initiative sind jedoch vom Gegenteil überzeugt. „Gerade jetzt ist die Arbeit der Initiative unverzichtbar“, fasst Heinz Rothgang den Tenor der Resonanzgruppe zusammen, in der sich mehrere Experten aus dem Unterstützerkreis regelmäßig treffen.
Initiative Pro-Pflegereform wird unter neuer Führung fortgeführt
Bodo de Vries, der als Mitinitiator von Pro-Pflegereform von Anfang an dabei war, zeigt sich ebenfalls überzeugt: „Die aktuelle Diskussion um eine Reform der Pflegeversicherung ist von Kürzungen und Sparzwängen geprägt. Deshalb ist nach wie vor eine starke Stimme gefordert, die sich für die Belange der Pflegebedürftigen und Mitarbeitenden einsetzt“. Die Initiative wird sich unter seiner Koordination weiterhin mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die Pflegeversicherung 30 Jahre nach Einführung wieder zukunftssicher aufgestellt wird.
Gesamtkonzept für bezahlbare Pflege in einer Welt ohne Sektoren
Im dritten Gutachten des Bremer Experten Prof. Dr. Heinz Rothgang vom März dieses Jahres wird wissenschaftlich fundiert ein Gesamtkonzept zu einer „Alternativen Ausgestaltung der Pflegeversicherung“ entworfen: Die Pflegeversicherung wird einer Finanz- und Strukturreform unterzogen und zu einer Versicherung mit begrenzten Eigenanteilen weiterentwickelt.
Das vorgeschlagene Gesamtkonzept kommt ohne die Aufteilung in ambulant und stationär aus. Stattdessen ermöglicht es individuelle Pflegesettings nach dem Prinzip Wohnen und Pflege und wirft damit Bürokratielasten über Bord. Und es gibt Antworten, wie eine bedarfsorientierte Leistungsbemessung, innovative Versorgungsformen und die stärkere Einbindung der Zivilgesellschaftlich dem drohenden Fachkräftemangel entgegenwirken können. Damit stößt das Gutachten die Tür auf für eine Pflegeversicherung der Zukunft.
Entlastung im Pflegeheim und Stärkung der Häuslichkeit
Die Initiative Pro-Pflegereform zeigt mit dem Gutachten darüber hinaus Lösungen auf, wie durch eine systematische Begrenzung der Eigenanteile in allen Pflegesettings, Pflege wieder bezahlbar wird. Damit kann auch der sozialversicherungsrechtliche Anspruch erfüllt werden, Sozialhilfebedürftigkeit im Pflegefall zu verhindern. Eine solche Pflegeversicherung mit begrenztem Eigenanteil und mehr Leistungen kostet mehr Geld, vor allem in der zweiten Reformstufe, wenn die Pflege zu Hause umfassend reformiert werden soll. Deshalb entwickelt das Gutachten Bausteine für eine Finanzreform und weist über Modellrechnungen nach, dass damit der Beitragssatz gegenüber dem Status quo stabilisiert werden kann.
3 Reformstufen zwischen 2026 und 2030
Für das Reformkonzept wird ein Zeitplan entwickelt, der die Vision einer Pflegeversicherung 2.0 in drei aufeinander aufbauenden Reformschritten abbildet. Schon ab 2026 in der ersten Reformstufe soll durch die Begrenzung der Eigenanteile im Pflegeheim eine spürbare Entlastung für pflegebedürftige Personen greifen. Ab 2028 sollen dann Reformbausteine folgen, mit denen die Pflege im häuslichen Bereich durch individuelle Leistungsbemessung, ein neues Pflegegeld 2.0, eine Leistungserbringung im Drei- Instanzen-Modell mit Casemanagement in eine neue Dimension geführt würde. Ab 2030 sollen die bürokratischen Sektoren und damit die Geburtsfehler aus den 90iger Jahren endgültig überwunden sein.
Das Netzwerk der Initiative Pro-Pflegereform wird auch acht Jahre nach seiner Gründung die Diskussion um eine große Pflegereform befeuern. Grundlage sind die Reformvorschläge aus dem Märzgutachten von Heinz Rothgang. „Wir müssen schauen“, sagt de Vries mit einem realistischen Blick, „was angesichts der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation in der Bund Länder AG aufgegriffen und politisch anschlussfähig sein wird“. Ein schlüssiges und zukunftsfähiges Gesamtkonzept für die Pflegeversicherung liegt jedenfalls auf dem Tisch