29. April 2025

„Diese Motivation gibt’s sogar im Doppelpack“

Badie und Mohamad und ein weiterer Mann stehen mit einem Paulinenpflege-Schild in der Hand vor einer Weltkarte und zeigen auf Syrien.
© Paulinenpflege

Wie die schwerhörigen syrischen Zwillinge Badie und Mohamad mit Unterstützung der Paulinenpflege zeigen, dass Integration und Inklusion gelingen kann

Winnenden/Filderstadt. „Es ist unglaublich, wie motiviert und lernfähig Badie und Mohamad sind. Obwohl sie erst gut vier Jahre in Deutschland und zudem hörgeschädigt sind, haben sie eine ganz tolle Entwicklung hingelegt“, freut sich Maler-Ausbilder Stefan Säckl aus dem Berufsbildungswerk Winnenden. Derzeit sind die zwei im zweiten Ausbildungsjahr. 2015 haben sie durch eine Bombe, die neben ihrem Fußballplatz in der syrischen Heimstadt Idlib eingeschlagen ist, ihr Gehör fast völlig verloren. 

Die geflüchteten Zwillinge waren zunächst ab 2020 an der Schule beim Jakobsweg der Paulinenpflege im sogenannten „VABO“ (Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit dem Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen). Einer ihrer damaligen Lehrer Martin Lindenberger erinnert sich noch genau an die ersten Schultage von Badie und Mohamad: „Frisch in Deutschland angekommen, kaum mit der deutschen Sprache oder Gebärdensprache vertraut. Doch durch viel Ehrgeiz und Zielstrebigkeit haben sich die zwei einen tollen Weg erarbeitet.“ Auch Lehrerin Feyza Cicek erinnert sich an die Anfänge: „Sie waren total schüchtern und manchmal fast zu ruhig. Am Anfang haben sie ihre Hörgeräte versteckt und nach der Schule sofort ausgezogen. Inzwischen stehen sie zur ihrer Beeinträchtigung und sind einfach junge und selbstbewusste Männer geworden.“

Seit anderthalb Jahren machen sie nun eine Malerausbildung im Berufsbildungswerk der Paulinenpflege. Und nicht nur dort sind alle von ihnen begeistert - die zwei haben vor kurzem ein Praktikum bei der Firma Malermeister Schüller in Filderstadt absolviert: „Es macht großen Spaß mit den beiden, wir sind sehr dankbar und froh, dass wir solche Praktikanten haben. Badie und Mohamad haben richtig Bock, etwas zu lernen. Und wir lernen von ihnen die Gebärdensprache", erzählt Firmenchef Marcel Schüller. Die zwei Azubis haben gestrichen, gespachtelt, lackiert, verputzt und gedämmt. „Es ist auch schön zu sehen, dass sie ohne Aufforderung sehen, wo ein Handgriff zu tun ist. Wenn ich mit der Leiter ankomme, dann nehmen sie mir diese sofort ab. Das ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich.“ Im ersten Praktikumsabschnitt war nur Mohamad in Filderstadt tätig: „Nachdem von Herrn Schüller eine begeisterte Rückmeldung über die Leistung von Mohamad kam, habe ich ihm erzählt, dass es diese Motivation sogar im Doppelpack gibt. Er hat nicht lange überlegt und Badie noch zusätzlich als Praktikant genommen“, freut sich BBW-Ausbildungsmeister Stefan Säckl.

Aufgrund der zunächst zu großen Sprachbarriere und ihrer Hörbehinderung, haben sie ihren Berufswunsch „Friseur“ aufgegeben und was Anderes ausprobiert und „das Malerhandwerkt total verschmeckt“, wie Stefan Säckl sagt. Jetzt üben sie die Haarkunst eben nur als Hobby aus: „Die Kollegen waren schon bei den beiden zu Hause und haben sich eine coole Frisur machen lassen“, sagt ihr Praktikum-Chef Marcel Schüller. Am letzten Praktikumstag fragt Schüller schon vorsichtshalber nach der Kleidergröße, denn „wenn ihr jetzt öfter bei uns arbeitet, bekommt ihr unsere Teamkleidung.“ Das klingt nach mehr als nach „nur“ einem Praktikum.

Wieder zurück von den Praktikumswochen im Berufsbildungswerk Winnenden, geht’s mit Ausbildungeister Stefan Säckl zur Baustellenabnahme in eine Wohnung in Schwaikheim. Dort haben Badie und Mohamad zusammen mit weiteren Azubis die Malerarbeiten vorgenommen. Sie erklären dem Wohnungsbesitzer, mit welcher Farbe und welchen Techniken sie abgeklebt und gestrichen haben. Der Auftraggeber ist voll des Lobes: „So akkurate und saubere Malerarbeiten habe ich selten gesehen. Sehr, sehr professionell. Und ich bin als Bauingenieur vom Fach.“ Auf dem Rückweg zum Berufsbildungswerk klopft ihnen ihr Ausbilder Stefan Säckl auf die Schulter: „Auch wenn ihr manchmal etwas überlegen und die richtigen Worte suchen müsst, die freundliche Kommunikation ist neben der handwerklichen Arbeit sehr wichtig. Das kommt beim Kunden super an. Ihr macht das richtig gut! Da habe ich keinerlei Bedenken, was Eure berufliche Zukunft betrifft.“

Und ihr ehemaliger Lehrer Martin Lindenberger ergänzt: „Obwohl das mit dem ursprünglichen Berufswunsch nicht geklappt hat, ist es umso schöner zu erkennen, dass auch andere Wege zum Erfolg führen können.“