Gehörlose Menschen brauchen spezielle Beratung

Hörgeschädigte Menschen brauchen in Notlagen eine auf ihre Behinderung zugeschnittene Beratung, so die Diakonie Württemberg. Aus Angst vor Verständigungsproblemen suchen sie kaum Hilfe bei den allgemeinen Sozial- und Lebensberatungsstellen. Die Diakonie Württemberg bietet seit 60 Jahren spezielle Beratung für gehörlose, schwerhörige und spätertaubte Menschen in Stuttgart und Heilbronn.
„Wer nicht oder kaum hören kann, ist darauf angewiesen, dass in der Beratungsstelle adäquat kommuniziert wird“, sagt Oberkirchenrätin Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg. “Wir freuen uns, dass wir seit 60 Jahren diese besondere Beratung und Begleitung bieten können.“
Gehörlose Menschen wachsen in der Regel mit der Gebärdensprache auf. Deshalb brauchen sie in Notlagen wie Verschuldung, familiären Problemen, Sucht oder psychischer Belastung eine Beratung in dieser Kommunikationsform. Dies sei in regulären Beratungsstellen nicht möglich, zumal zu wenig Gebärdensprachdolmetscher zur Verfügung stünden und die Kostenübernahme für deren Dienste meist nicht gedeckt oder kurzfristig zugesagt sei.
Die Beraterinnen der Diakonie Württemberg beraten zu allen Lebensfragen und auch rund um die Themen Hörschädigung, Rehabilitationsmaßnahmen, Schwerbehindertenausweis und Hilfsmittel. Die diakonischen Beratungsstellen seien auch für gehörlose Geflüchtete aus Syrien und der Ukraine gefragt. Sie sind zusammen mit den Beraterinnen und Beratern in den Unterkünften tätig.
Gehörlosigkeit ist eine unsichtbare Behinderung, die weitreichende Folgen hat. „Ein gehörloser Mensch ist nicht ein Mensch minus Gehör“, sagt Roswitha Köble von der Stuttgarter Beratungsstelle für gehörlose Menschen der Diakonie Württemberg. Sie setzten ganz auf „ihre“ Sprache. Auch fehlten ihnen durch die erschwerten Lern- und Sozialisationsbedingungen oft Informationen und Erfahrungswerte und somit die Möglichkeiten, die vermittelten Sachverhalte angemessen zu bewerten und einzuordnen. „Zur Vermeidung, Aufdeckung und Bewältigung sozialer und psychosozialer Probleme benötigen hörgeschädigte Menschen spezielle, niederschwellige Beratungsstellen. Es geht darum, die genaue Fragestellung zu erarbeiten, Hintergründe zu erklären und nach Problemlösungsstrategien zu suchen“, so Köbles Erfahrung.
In den diakonischen Beratungsstellen für gehörlose und schwerhörige Menschen in Stuttgart und Heilbronn arbeiten Diplom-Sozialpädagoginnen, die sich speziell für die Kommunikation mit hörgeschädigten Menschen weitergebildet haben. Die Beraterinnen beherrschen die Deutsche Gebärdensprache. Zusätzlich verfügen sie über fachliches Hintergrundwissen zur Hörbehinderung, der Kultur hörgeschädigter Menschen und über deren psychosoziale Situation.
In Deutschland leben Schätzungen zufolge 80.000 gehörlose Menschen. Ihre Zahl geht zurück,, seit das Cochlea Implantat, eine Hör-Prothese, taub geborenen Kindern und Ertaubten Hörfähigkeit verleihen kann.“