04. August 2025

KI-Kodex für Leichte Sprache veröffentlicht

Eine lila Seite mit dem Titel "Kodex für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz für Leichte Sprache"
© Diakonie Stetten e.V.

Risiken bei Nutzung von KI für Leichte Sprache sollen minimiert werden.

Kernen-Stetten, 4. August 2025 – Sprache bestimmt unser Leben. Durch sie können wir ausgeschlossen werden oder mitgestalten. Das Ziel ist, dass sich alle Menschen gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen Prozessen beteiligen können. Frauke Jessen-Narr von der Fachstelle Unterstützte Kommunikation der Diakonie Stetten arbeitet seit 2024 bei einer bundesweiten Arbeitsgruppe mit, die Regeln für das Benutzen von Künstlicher Intelligenz (KI) bei Leichter Sprache erstellt hat. Der Kodex für den Einsatz von KI für Leichte Sprache wurde nun veröffentlicht.

In 2024 hat sich über LinkedIn eine Gruppe von 70 Expertinnen und Experten aus sozialen Einrichtungen, Wissenschaft, KI-Unternehmen und Auftraggebenden für Leichte Sprache aus ganz Deutschland gefunden, die an der Erstellung eines Kodexes für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz für Leichte Sprache mitarbeiten wollten. Ruben Rhensius, Referent für das Projekt Leichte Sprache und barrierefreie Kommunikation beim Caritasverband für die Diözese Limburg, rief die Gruppe ins Leben. Durch die Verankerung von Leichter Sprache in diversen Gesetzen und Verordnungen sind manche Institutionen dazu verpflichtet, bestimmte Informationen auch in Leichter Sprache bereitzustellen. Gleichzeitig wächst das Angebot von Programmen, die mit Hilfe von KI Inhalte sprachlich vereinfachen, z. B. Texte oder Audiodateien.

„Ich habe die Befürchtung, dass viele Menschen KI-Programme für Leichte Sprache benutzen, um Geld zu sparen, denn natürlich ist dies deutlich günstiger als ein professionelles Übersetzungsbüro. Wenn ihnen jedoch das entsprechende Hintergrundwissen fehlt, dann entsteht keine gute Leichte Sprache“, so Ruben Rhensius, dessen Projekt von Aktion Mensch gefördert wird. Aus diesem Grund trat auch Frauke Jessen-Narr vom Fachdienst Unterstützte Kommunikation und Leichte Sprache der Diakonie Stetten der Arbeitsgruppe bei. „Vieles bei den KI-Übersetzungen ist schon gut, aber die KI übersetzt linear. Dadurch wird es schwierig,  Zusammenhänge für die Zielgruppe von Leichter Sprache verständlich darzustellen. Wir Übersetzerinnen und Übersetzer sortieren die Informationen in den Texten und lassen unwichtige Informationen weg oder fügen für das Verständnis notwendige Erklärungen hinzu“, sagt Frauke Jessen-Narr. So würde die KI Satz für Satz übersetzen, während die Übersetzerinnen und Übersetzer sich den Gesamttext und Inhalt vorab anschauten. Die Übersetzerinnen des Büros für Leichte Sprache der Diakonie Stetten arbeiten bei ihren Übersetzungen immer auch mit zwei Prüfgruppen zusammen, die aus Menschen mit Behinderungen bestehen. „Wir lassen jeden übersetzten Text von einer Prüfgruppe gegenlesen, ob die Inhalte verständlich sind. Außerdem bringen wir unsere Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit den Klientinnen und Klienten bei den Übersetzungen mit rein.“

„Der aktuell erschienene KI-Kodex wurde in einem partizipativen Prozess entwickelt und bündelt Empfehlungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit KI-Anwendungen im Kontext Leichter Sprache. Ziel ist es, Orientierung zu geben, Qualität zu sichern und die Teilhabe von Menschen mit kognitiven Einschränkungen auch im digitalen Wandel zu stärken“, erklärt Ruben Rhensius. Die Arbeitsgruppe hat den KI-Kodex nicht entwickelt, weil sie damit sagen, will, dass bei Übersetzungen in Leichte Sprache keine KI verwendet werden darf. „Aber es ist wichtig, dass sich die Verantwortlichen mit den Regeln für Leichte Sprache auseinandersetzen und anschließend am besten auch jemanden aus der Zielgruppe des Textes fragen, wie z. B. eine Prüfgruppe“, so Frauke Jessen-Narr.

Informationen entscheiden über Teilhabe, sei es bei Behörden, in der Bildung oder im Freizeitbereich. KI-Programme können dazu beitragen, Verständnisbarrieren abzubauen. Gleichzeitig bringen sie Herausforderungen und Risiken mit sich. „Der neue KI-Kodex für den Einsatz von KI für Leichte Sprache soll eine verantwortungsvolle Nutzung sicherstellen“, sagt Ruben Rhensius. Er und die Mitglieder, die an der Entstehung des KI-Kodexes mitgewirkt haben, finden es besonders wichtig, dass Menschen mit Behinderungen nach wie vor an den Übersetzungsprozessen beteiligt werden. „Die Prüfgruppen, die aus Menschen mit Behinderungen bestehen, haben in den vergangenen Jahren eine wichtige Aufgabe übernommen. Dabei spielte auch das Empowerment dieser Menschen eine wichtige Rolle. Wenn nun nur noch KI-Programme übersetzen, schleichen sich viele Fehler ein“, so Frauke Jessen-Narr. Menschen mit Behinderungen sollten auch in Zukunft die Möglichkeit haben, selbstbestimmt zu entscheiden, ob ihnen ein Text nützt und ob er ausreichend verständlich ist.