Bausteine zum Berufseinstieg

Qualifizierung von Mariaberger Werkstatt-Beschäftigten im Lebensmittelhandwerk
Gammertingen-Mariaberg (vea). Händewaschen, Arbeitskleidung und Arbeitsplatz ordentlich vorbereiten und hygienisch Essen zubereiten – das ist das A & O im Lebensmittelhandwerk. Genau das gehörte zur Prüfungsleistung der fünf Teilnehmendem am Qualifizierungsbaustein zum bzw. zur Fachverkäufer*in im Lebensmittelandwerk (Bäckerei, Konditorei) der Mariaberger Werkstätten. Vergangene Woche schlossen Sarah Gangl, Hamide Gündüz, Thomas Leibold, Tanja Wahl und Franziska Zinser aus dem Berufsbildungsbereich der Werkstätten ihre Prüfungen erfolgreich ab und erhielten von Michaela Lundt von der Ausbildungsabteilung der Handwerkskammer Reutlingen ihre Zertifikate.
Die Quali-Bausteine verleihen den Teilnehmenden aus den Mariaberger Werkstätten einen Nachweis, um im Berufsleben Fuß zu fassen. Dabei wird individuell auf die Möglichkeiten des Einzelnen eingegangen. Die Teilnehmenden erhalten so die Qualifizierung für ihren gewünschten und passenden Arbeitsplatz, z.B. im Café fair & mehr in Gammertingen oder im entstehenden Werkstattcafé. Die Bildungsleistung wird, wie bei anderen Auszubildenden auch, durch die Handwerkskammer Reutlingen bescheinigt.
„Ich bin unendlich stolz auf euch, das habt ihr vorbildlich gemacht. Es war toll zu sehen, was ihr mit euren Händen geschaffen habt. Die Praxisaufgabe war wunderbar vorbereitet, der Hygienestandard hervorragend und es wurde strukturiert gearbeitet“, gratulierte Michaela Lundt ihren Prüflingen. Diese hatten am Vormittag für die praktische Prüfung gesunde Sandwiches sowie verschiedene Heißgetränke in der Küche der Werkstätten zubereitet. Dabei baute die Prüferin Fragen zur Fachkunde in die Unterhaltung ein: „Bei wieviel Grad fühlt sich die Hefe am wohlsten?“ – Die Antwort, „37 Grad“, kommt wie aus der Pistole geschossen. Rainer Laske, Geschäftsführer der Mariaberger Werkstätten, dankte dem Team mit Ben Lintner, Fachbereichsleiter des Berufsbildungsbereichs und Lehrerin Ute Schmidt für die gute Begleitung der Teilnehmenden und Michaela Lundt für die hervorragende Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer. „Ihr habt einen positiven, schweren Eindruck bei mir hinterlassen“, lobte diese die Absolvent*innen. „Und hier in Mariaberg seid ihr wirklich in den besten Händen.“
Mit einem Modellprojekt des Berufsbildungsbereichs (BBB) der Mariaberger Werkstätten 2019 startete die Entwicklung der Qualifizierungsbausteine als betriebsnaher Ansatz der Berufsvorbereitung. Vorgabe ist das vollständige Qualifizierungsbild des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) für die Fachverkäufer*innen im Lebensmittelhandwerk, aus dem ein Curriculum speziell für die Werkstätten erarbeitet wurde. Die Bausteine beschreiben die Kompetenzen einer Person, die diese zur Ausführung einer Aufgabe in einem Beruf nötig sind. Dabei wird in vier Stufen binnendifferenziert, je nach individuellen Möglichkeiten. Der Schwerpunkt liegt immer in der praktischen Unterweisung: Teilnehmende erhalten Handlungskompetenz. Theorie dient der Untermauerung des Wissens. Die Qualifizierungsbausteine werden gemeinsam vom Berufsbildungsbereich und der Gastronomie der Werkstätten angeboten und stehen allen Beschäftigten der Mariaberger Werkstätten offen, ob im Berufsbildungs- und Arbeitsbereich oder in den Fördergruppen. Unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten des einzelnen Teilnehmenden werden in den jeweiligen binnendifferenzierten Qualifizierungsplan übernommen und ermöglichen so auch Menschen mit komplexer Behinderung eine Aufnahme in das Angebot.
Über 300 Stunden von Unterweisungen, Projekt- und Gruppenarbeit, Arbeitsaufträge, Übungen und angeleitetes Selbststudium haben die Absolvent*innen hinter sich. Der Leistungsnachweis erfolgt nach der Prüfung mit einem Zeugnis entsprechend der Vorgaben des §3 BAVBVO (Berufsausbildungsvorbereitungs-Bescheinigungsverordnung). Dort sind die jeweils erworbenen Kompetenzen angekreuzt, zum Beispiel „Kann grundlegende Techniken im Umgang mit Kunden anwenden“ oder „Kann beim Anbieten und Auszeichnen von Waren mitwirken“ oder „Kann beim Zubereiten und Herrichten von kleinen Gerichten mitwirken“. „Das Interesse am Qualifizierungsangebot ist groß, wir haben eine lange Warteliste“, erzählt Ben Lintner, Fachbereichsleiter des Berufsbildungsbereichs. „Ziel ist es, jedes Jahr einen Kurs anzubieten.“ Außerdem streben die Verantwortlichen an, die Qualibausteine AZAV-zertifizieren zu lassen (Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung nach dem Sozialgesetzbuch III), was als Qualitätssiegel für Bildungsanbieter im Bereich der beruflichen Weiterbildung gilt.