Für einen starken Verband

Die gut besuchte Mitgliederversammlung im Hospitalhof hat sich mit entscheidenden Themen befasst und wichtige Entscheidungen getroffen.
Die Mitgliederversammlung der Diakonie Württemberg hat die Übernahme der Anerkennungsrichtlinie der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Anerkennung sexualisierter Gewalt einstimmig übernommen.
Auch verabschiedete das Gremium den Jahresabschluss 2024 und den Wirtschaftsplan 2026 einstimmig, Vorstand und Präsidium wurden entlastet.
Dr. Annette Holuscha-Uhlenbrock, Vorstand beim Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart, bedankte sich in ihrem Grußwort für die gute Zusammenarbeit. Die beiden Verbände machten sich gemeinsam stark für die soziale Daseinsvorsorge, inzwischen umfasse die Zusammenarbeit auch gemeinsame Arbeitsstrukturen. „Wir leben die Ökumene im besten Sinn des Wortes.“ Angesichts von weniger werdenden eigenen Ressourcen an Finanzen und Personal träten sie gemeinsam für einen partnerschaftlichen Dialog mit den Stadt- und Landkreisen ein. Es gelte, als Verantwortungsgemeinschaft den Mut auch zu neuen Wegen zu haben.
Für Dr. Achim Brötel, Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg und des Deutschen Landkreistags, ist eine grundlegende Reform des Sozialstaats unerlässlich. Die Demokratie sei in einer Krise, „die Regierung muss liefern“. Es gehe auch darum, die Landkreise zukunftssicher zu machen. Die Grenze zwischen Eigenverantwortung und Fürsorge durch den Staat müsse neu gezogen werden. Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Solidarität müssten gestärkt, notwendige Reformen umgesetzt werden. „Lassen Sie uns gestalten, bevor andere das tun.“
Dr. Thomas Zippert, Koordinator zum Thema Sexualisierte Gewalt der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, sagte in seinem Vortrag „Diakonische Identität: Theologische Reflexion im Kontext sexualisierter Gewalt“, dass zu lange „organisationaler Selbstschutz“ betrieben wurde. „Wir müssen an unserer Haltung arbeiten.“ Auch brauche es ethische Kompetenzen. Zippert rief dazu auf, sexualisierte Gewalt als „normales Problem“ zu thematisieren, damit Betroffene den Mut haben, vom Erlebten zu erzählen. Die Erfahrung, ohnmächtig zu sein sei schwieriger auszuhalten als sich als Täter zu sehen, sagte Zippert aus seiner Arbeit.
Stefan Werner, Direktor im Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und in vielen auch bundesweiten Gremien dazu aktiv, sagte, dass Aufarbeitungsprozesse in den Landeskirchen schon sehr früh gestartet sind. Die Kommission in Württemberg habe seit zehn Jahren bestanden. Es sei eine große Herausforderung, außerhalb des staatlichen Rechts tätig zu sein. Das „Wagnis“, die Betroffenen paritätisch bei der Erarbeitung der Anerkennungsrichtlinie einzubeziehen, habe Kompromisse gebraucht und zu Formulierungen geführt, die „juristisch vertretbar“ sind. Die von Kirche und Diakonie bezahlten Leistungen seien freiwillig. Die Schwere der Übergriffe zu beurteilen, sei nicht möglich, weil die Verarbeitung bei den Betroffenen unterschiedlich sei, es gebe deshalb eine Anhaltstabelle. „Die öffentliche Erwartung an uns an eine Einheitlichkeit ist sehr hoch.“ Werner schloss mit einem Appell: „Lassen Sie uns gemeinsam in unseren föderalen Strukturen zugunsten der Menschen, die Leid erlitten haben, eine Einheitlichkeit und deutliches Signal der evangelischen Kirche schaffen.“
Dr. Kornelius Knapp, Vorstand Sozialpolitik im Diakonischen Werk Württemberg, betonte das „rechtliche Gehör“ der Einrichtungen. Es gebe eine pauschale Leistung von 15.000 Euro, plus eine individuelle Leistung anhand der Tabelle. Auch Anträge, über die schon beschieden wurde, könnten erneut gestellt werden. Es gebe Kosten, die direkt einzelnen diakonischen Trägern zugeordnet werden können, und solche, bei denen es nicht möglich sei. Er dankte der Landeskirche, die zwei Drittel der „Fallkosten“ übernehme.
Die Mitgliederversammlung hat die Umsetzung der Anerkennungsrichtlinie für die Diakonie in Württemberg einstimmig beschlossen. Die Kostenverteilung zwischen Landeskirche und Diakonie wurde festgelegt. Nach drei Jahren soll die Wirkung der Anerkennungsrichtlinie evaluiert werden.
Weitere Themen waren Satzungsänderungen sowie Berichte von Präsidium und Vorstand.
Dr. Gisela Meister-Scheufelen, Vorsitzende des Präsidiums des Diakonischen Werks Württemberg, ist erneut in dieses Amt gewählt worden. „Die Sozialverbände haben eine große Bedeutung für unser Land und dies muss gewürdigt sein. Ich will mich für die Diakonie als gelebtes Christentum gerne weiter einsetzen.“ Gerade das Thema Fachkräftemangel und der Austausch in Gremien und mit der Politik seien ihr wichtig. Sie ist überzeugt: Die Diakonie Württemberg kann ein starker Verband bleiben, muss sich dabei einer multiplen Krisensituation und gegen diejenigen stellen, die Hass und Gewalt säen.
Neu in den Verbandsrat gewählt wurden Hanspeter Brodbeck, Vorstandsvorsitzender der Samariterstiftung, und Elke Eckardt, Geschäftsführerin der Evangelischen Heimstiftung.
Inhaltliche Schwerpunkte waren auch die neue Linie in der Jugendkommunikation des Verbands und die Anwendung von Künstlicher Intelligenz in Einrichtungen der Diakonie.