28. Mai 2025

Auszeichnung von Vorhaben zu Klimawandel und Kriegsfolgen im Osten Europas

Preis geht an Recherche-Projekte über ökologische Katastrophen am Sewansee und die Teilhabe kriegsversehrter Menschen in Lwiw 

Die Preisträger des diesjährigen Recherchepreises Osteuropa, der von Renovabis und „Hoffnung für Osteuropa“ in Kooperation mit n-ost ausgeschrieben wird, stehen fest. 

In diesem Jahr wurden zwei Recherchevorhaben ausgewählt. Luise Glum, die in Armenien lebt, bekommt die Förderung für eine Recherche über die ökologischen Katastrophen am Sewansee, dem größten Süßwasserreservoir des Kaukasus. Die in Deutschland ansässige Karin Finkenzeller wird für ihr Vorhaben, über die Herausforderungen bei der Inklusion Kriegsversehrter am Beispiel von Lwiw zu berichten, ausgezeichnet.

Luise Glum befasst sich mit den existenziellen Folgen des Klimawandels für die Menschen rund um den Sewansee und dem Dilemma, dass der See Lebensgrundlage für die Menschen ist, die zu dessen Zerstörung beitragen. Dabei bringt sie die von Umweltschützern vorgeschlagenen Lösungen mit den Nöten der Menschen in Verbindung. Bauern, die mit der Trockenheit zu kämpfen haben, Fischer, die ihre Lebensgrundlage bedroht sehen, Hotelbesitzer, deren Gäste ausbleiben, weil im Sewansee das Schwimmen nicht mehr möglich ist.

„Es ist wichtig, dass Luise Glum eine armenische Perspektive auf das globale Problem des Klimawandels eröffnet", meint Jurymitglied Anneke Hudalla (n-ost). „Die Umweltkatastrophe am Sewansee ist in Deutschland kaum bekannt. Dank ihrer Vertrautheit mit Land und Leuten wird uns Luise Glum zeigen, welch existenzielle Nöte der Klimawandel für die Menschen vor Ort konkret mit sich bringt."

Karin Finkenzeller stellt in ihrem geplanten Beitrag eine wenig beachtete Folge des russischen Angriffskriegs in den Mittelpunkt. Viele kriegsversehrte Ukrainerinnen und Ukrainer sind auf langfristige Inklusion und Rehabilitation angewiesen. Am Beispiel der westukrainischen Stadt Lwiw will Finkenzeller zeigen, wie dort schon jetzt an Konzepten gearbeitet wird, um Veteranen mit schweren körperlichen Beeinträchtigungen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen – durch Rehabilitationszentren, Ausbildungsgänge für Prothesentechnik oder barrierefreie Stadtplanung. Aber auch die Akzeptanz jener Mitmenschen, die großen Wert auf ein jugendliches Erscheinungsbild und scheinbar makellose Schönheit legten, müssten mitgedacht werden.

„Dieser Ansatz beleuchtet die beeindruckende Weitsicht, mit der Lwiw heute schon Lösungen für die Herausforderungen von morgen entwickelt“, so Jurymitglied Matthias Dörr (Renovabis). „In einem Land, das durch den Krieg unter enormem Druck steht, ist es alles andere als selbstverständlich, dass bereits jetzt an eine inklusive Gesellschaft nach dem Krieg gedacht wird.“ 

Eine siebenköpfige Jury, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Trägerorganisationen sowie Dr. Christian Böhme (Tagesspiegel), Petra Bornhöft (taz-Panther-Stiftung), Kerstin Holm (FAZ) und Sonja Zekri (SZ), hatte aus knapp 60 Einsendungen diese zwei herausragenden Projekte ausgewählt, die mit insgesamt 7.000 Euro gefördert werden.

Save the Date:
Die Preisverleihung findet am Dienstag, 4. November 2025, um 16:30 Uhr im futurum, dem Zukunftszentrum der Diakonie Württemberg, in Stuttgart statt.

Der Recherchepreis Osteuropa:
Der Recherchepreis Osteuropa soll die Berichterstattung aus Osteuropa stärken. Der Preis wird 2025 zum zwölften Mal vergeben. Er ermöglicht herausragenden Journalistinnen und Journalisten die Recherche und Produktion zeit- und reiseaufwändiger Reportagen für deutschsprachige Medien. Jährlich werden ein bis zwei umfangreiche Reportagen mit insgesamt bis zu 7.000 Euro gefördert. Unterstützt werden Recherchen zu Sozialreportagen aus den Ländern Mittel-, Südost- und Osteuropas, die den Alltag und die Menschen in den Blick nehmen, den Umgang mit gesellschaftlichen Umbrüchen thematisieren oder die Lebensumstände von Randgruppen zeigen.

Verliehen wird der Preis von Hoffnung für Osteuropa, einer Aktion des Diakonischen Werks Württemberg, Renovabis, der Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa und dem europäischen Journalismus-Netzwerk n-ost.