12. Juli 2021 News

Themenforum „Vielfalt – Innovationsfaktor in Gesellschaft – Kirche und Diakonie – Wirtschaft“

Beim ersten Themenforum „Vielfalt – Innovationsfaktor in Gesellschaft – Kirche und Diakonie – Wirtschaft“ trafen sich rund 40 Führungskräfte aus Diakonie und Wirtschaft. Anlass der Veranstaltung war das 10-jährige Jubiläum der Veröffentlichung von Leitlinien und Handlingsempfehlungen zur Interkulturellen Orientierung der württembergischen Diakonie.

Diese Leitlinien und die Einrichtung von vier Fachstellen zur Begleitung interkultureller Prozesse in diakonischen Einrichtungen und Diensten bezeichnete die Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, Oberkirchenrätin Prof. Dr. Annette Noller, als wirklichen Meilenstein. Vielfalt gehöre heute  fraglos an erster Stelle zur Signatur  unserer Gesellschaft, aus ethischer Sicht gehe es letztlich um gleichberechtigte Teilhabe in unserer Gesellschaft und in ihren Institutionen und Organisationen. „Als Diakonie bewegen wir uns dabei ganz nahe an den Ursprungsgeschichten unseres christlichen Glaubens“, so Noller weiter. „ Letztlich sind  der biblische Glaube und die Kirche selbst aus den Erfahrungen der Migration und Diversität entstanden.“

Wie in der gesamten Gesellschaft zeigt sich auch in diakonischen Handlungsbereichen eine deutliche Zunahme von Heterogenität in den Zielgruppen wie auch unter den Mitarbeitenden. Der Umgang mit Vielfalt erfordert dabei sowohl die Reflexion von Haltungen wie auch  systematische Ansätze  der Organisationsentwicklung im Bereich der Diakonie.  Es geht um ein Öffnen des Denkens, das Horizonte weitet und dazu führt, in weiteren Schritten persönliche, institutionelle und organisationale Veränderungen und Anpassungen vorzunehmen. Ein Schritt in Landeskirche und Diakonie sei hier auch der Aktionsplan Inklusion:  Menschen mit Behinderung und weitere klassische Bezugsgruppen von Diakonie werden nicht mehr als Zielgruppe, sondern als Akteure gesehen.

Dr. Antje von Dewitz, seit 2009 Geschäftsführerin des Outdoorherstellers VAUDE, hat das von ihrem Vater aufgebaute Unternehmen in den letzten Jahren zu einem innovativen, nachhaltigen und sozial verantwortlichen Unternehmen ausgebaut, in dem Vielfalt gelebt wird und in dem unter anderem  auch bewusst geflüchtete Menschen beschäftigt werden. Für die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin geht es bei Diversity in erster Linie darum, Menschen in ihrer Individualität wahrzunehmen und eine Kultur des Vertrauens zu leben. Integration ist in ihrem Verständnis immer ein zweiseitiger Prozess, auch Unternehmen müssten integrationsfähig sein. Wichtig sei Werte deutlich zu machen, mit Teams zu sprechen und Organisationen von hierarchischen Unternehmen zu Organisationen auf Augenhöhe umzubauen.

Dies bedeutet auch einen Kulturwandel bei Führungskräften mit einem  neuen Verständnis als „Rahmengeber“ für gutes Arbeiten. Wenn es in Unternehmen keine 08/15-Jobs gibt, sondern sich Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit einbringen können, hilft dies, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen und daraus Kraft und Kreativität zu schöpfen für anstehende Transformationen.

Laut Dr. Jan Stefan Roell, Präsident der IHK Ulm, liege die Voraussetzung für Diversity darin, dass alle Mitarbeitenden sich sicher und willkommen fühlen und  Unterschiedlichkeit gewürdigt und in Ehren gehalten werde. Zentrale Bedeutung komme hier Kommunikation in ihrem umfassenden Sinn zu, der weit über ein Verständnis von Sprache als Verständigungsmittel hinausgehe. Wenn Unternehmen sich familienfreundlich aufstellten, erhöhe dies zusätzlich Diversity- Chancen.

Das Themenforum zeigte die Herausforderungen und Chancen von Diversity-Prozessen: Vielfalt kommt nicht automatisch, sondern Diakonie wie Gesellschaft und Wirtschaft müssen etwas dazu tun. Diversity ist eine strategische Aufgabe auf Führungsebene.

Die Reihe der Themenforen wird fortgesetzt, das nächste Forum findet im November statt: Professor Dr. Johannes Eurich, Direktor des Diakoniewissenschaftlichen Instituts der Universität Heidelberg und die Autorin Kübra Gümüsay (Sprache und Sein 2020) sind Gäste des Diakonischen Werks Württembergs zu den Themen Identität und Sprache in der Vielfaltsgesellschaft.