15. Juli 2022 Aus den Einrichtungen

bhz Stuttgart: Der „Experte für Inklusion“ feiert Jubiläum

Stuttgart, den 13. Juli 2022. Das bhz Stuttgart e.V. setzt sich für die Teilhabe von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen in den Lebensbereichen Arbeit, Wohnen und Freizeit ein. Der diakonische Träger fördert, beschäftigt und unterstützt Menschen mit Behinderung bei der Verwirklichung ihrer Lebensvorstellungen. Mit über 500 Menschen mit Behinderung, die in Werkstätten, Förder- und Betreuungsgruppen, Wohnangeboten, durch ambulante Dienste und einen Familienentlastenden Service unterstützt werden, zählt es zu den wichtigen Trägern der Behindertenhilfe in Stuttgart.

Stabile Umsätze trotz Corona-Krise

Coronabedingte Einschränkungen prägten die Arbeit des bhz auch im vergangenen Jahr. Dennoch stieg der Gesamtumsatz entsprechend der allgemeinen Kostensteigerungen auf 17 Mio. Euro. Gegenüber dem Vorjahr erhöhten sich die Leistungsentgelte um 4,4 Prozent, die Werkstatterlöse stiegen um 9,6 Prozent und liegen derzeit bei 2,23 Mio. Euro. „Damit liegen die Erlöse der Werkstätten immer noch rund 567.000 Euro unter denen, welche wir vor der Corona-Krise erzielen konnten“, sagt der kaufmännische Vorstand Stefan Klopfer. Nicht zuletzt aufgrund von Einsparungen sei es allerdings gelungen, die wirtschaftliche Lage stabil zu halten.

„Angesichts der Umstände können wir mit den Ergebnissen zufrieden sein“, sagt Vorstandsvorsitzende Irene Kolb-Specht. Das Ergebnis sei zu bewerten vor dem Hintergrund, dass die Transformation der lokalen Wirtschaft, die globalen Entwicklungen und andere Faktoren die Akquise immer schwieriger machten und die Aufträge aus der Industrie kurzfristiger und kleinteiliger werden. Positiv entwickelt haben sich die Eigenprodukte des bhz Stuttgart. Erstmals habe der Umsatzerlös aus dem Verkauf von Kaffee, Seifen und Deko-sowie Geschenkartikeln die Summe von 100.000 Euro überschritten. Das bhz wolle das weiter ausbauen.

Konstanz verzeichnet das bhz bei der Zahl der Beschäftigten in den Werkstätten und im Bereich der beruflichen Qualifizierung: 379 Menschen sind derzeit hier beschäftigt – 2020 waren es 366 gewesen. Der darin enthaltene Anteil der betriebsintegrierten Arbeitsplätze ist zurzeit rückläufig, nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie. 28 Beschäftigte arbeiten ganz oder an einzelnen Tagen in Unternehmen – 14 weniger als im Vorjahr und 29 weniger als noch 2020. Leicht auf nunmehr 60 Personen gestiegen ist die Zahl der Beschäftigten im Förder- und Betreuungsbereich. Wie im vergangenen Jahr besuchen 15 Seniorinnen und Senioren die Seniorenbetreuung.

Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel

An den 18 Standorten des bhz Stuttgart sind mittlerweile 197 hauptamtliche Mitarbeitende tätig. Hinzu kommen 13 Auszubildende (Heilerziehungspflege, Arbeitserziehung und Verwaltung) sowie fünf Studierende der Sozialen Arbeit an der DHBW.

35 Jahreskräfte – acht im Bundesfreiwilligendienst und 27 im Freiwilligen Sozialen Jahr – arbeiten derzeit beim bhz. 15 kommen aus dem Ausland.

Den wachsenden Fachkräftemangel in den Bereichen Pädagogik und Pflege bekommt auch das bhz zu spüren. „Die Zahl der Bewerbungen auf eine Stelle ist rückläufig und wir brauchen länger, Stellen zu besetzen“, berichtet Kolb-Specht. „Ich will daher dazu einladen, sich mit dem Arbeitsfeld näher zu beschäftigen.“ Die Behindertenhilfe biete ein breites Feld an Beschäftigungsmöglichkeiten für viele Berufsgruppen. Andrea Habermehl, die den Förder- und Betreuungsbereich im Fasanenhof leitet und zuvor im Wohnbereich des bhz tätig war, bricht eine Lanze für ihren Beruf in der Heilerziehungspflege. „Die Tätigkeit ist wie wenige andere vielfältig und abwechslungsreich“, sagt sie und wirbt daher für die Ausbildung im bhz. „Aktuell haben wir noch einen Ausbildungsplatz im Bereich Heilerziehungspflege frei“, so Habermehl, die seit vielen Jahren junge Menschen durch die dreijährige Ausbildung begleitet. Neben Fachkräften aus der Heilerziehungspflegesind aber auch andere pädagogische und pflegerische Berufsgruppen sowie Fachkräfte aus den Bereichen Hauswirtschaft, Arbeitserziehung, Ergotherapie, Handwerk, Technik und Verwaltung im bhz im Einsatz.

Nachfrage im Bereich Wohnen unverändert hoch

141 Menschen mit Behinderung leben derzeit in Wohnangeboten des bhz oder werden von bhz-Mitarbeitenden in der eigenen Wohnung betreut. „Unser Ziel ist, den persönlichen Wünschen und dem individuellen Bedarf so weit wie möglich zu entsprechen“, so Stefan Klopfer. Mit der Fertigstellung von Umbau und Sanierung des ehemaligen Wohnheims in Plieningen ist an dem Traditionsstandort ein innovatives, inklusives und gemeinschaftliches Wohnen für 24 Menschen mit Assistenzbedarf möglich geworden. „Das Haus kommt bei den Bewohnerinnen und Bewohnern gut an und macht ein neuartiges Konzept der Betreuung möglich, in das Studierende, der Sozialraum und Menschen mit und ohne Behinderung mit einbezogen werden“, so Klopfer. Die Fertigstellung ändere jedoch nichts daran, dass die Nachfrage nach den Wohnangeboten das bestehende Angebot nach wie vor deutlich übersteigt: Auf der Warteliste sind derzeit 22 Personen. Der weitere Ausbau gestaltet sich allerdings sehr schwierig und das bhz sucht weiterhin nach geeigneten Grundstücken und Immobilien in Stuttgart.

Strategische Ausrichtung

In einem längeren Prozess hat das bhz insgesamt sechs Handlungsfelder definiert, auf die es sich in den Jahren bis 2030 konzentrieren möchte:

•             Ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit

•             Stärkung und Bewusstmachen des Werteprofils

•             Umgang mit Wandel und Umbrüchen

•             Attraktivität für Beschäftigte, Bewohner*innen, Teilnehmende, Mitarbeitende und Kund*innen

•             Fokussierte und wettbewerbsfähige Angebote für Menschen mit Behinderung und Kund*innen

•             Inklusion

Mit innovativen Ideen und wegweisenden Projekten hat sich das bhz bereits in den vergangenen Jahren einen Namen als „Inklusions-Profi“ gemacht. „Nach den zwangsläufigen Unterbrechungen in den letzten zwei Jahren wollen wir viele dieser Projekte und Aktionen wieder aufnehmen und neue entwickeln“, sagt Irene Kolb-Specht. Während zwei Jahren Coronapandemie seien viele Menschen mit Behinderung als zum Teil vulnerable Gruppe abgeschottet gewesen. „Dies motiviert uns noch mehr, als Inklusionsexperten das Recht von Menschen mit Behinderung auf gleichberechtigte Teilhabe an allen Lebensbereichen voranzubringen“. Im Fokus des bhz stünden dabei insbesondere der Arbeitsmarkt, das Gemeinwesen und der Freizeitbereich.

Das Jubiläumsjahr als Ansporn

Das 50. Jahr seines Bestehens, das das bhz in diesem Jahr feiern kann, dient als Ansporn, in der Inklusion weiter voranzukommen.

Mit einem bunten, ganzjährigen Veranstaltungsprogramm feiert das bhz sein Jubiläum und ermöglicht Begegnungen von Menschen mit und ohne Behinderung.

Folgende Veranstaltungen sind noch geplant:

•                 22. Juli: „Lass uns mal zusammen feiern. 50 Jahre bhz – das Geburtstagsfest für alle“, rund um die Bonhoefferkirche im Fasanenhof, 9.30 bis 17.30 Uhr

•                 23. Juli: Inklusiver Sport- und Familientag mit Thomas Hitzlsperger in Kooperation mit der Sportvereinigung Feuerbach im Sportpark Feuerbach, 10 bis 15 Uhr

•                 19. Oktober: Festakt im Weißen Saal des Neuen Schlosses

Zudem gibt es zahlreiche Aktionen, Gottesdienste und Veranstaltungen mit verschiedensten Kooperationspartnern. Speziell für das Jubiläumsjahr sind eine neue Kaffeesorte und eine neue Flüssigseife kreiert worden.