20. September 2022

Wie Eltern beim Alkoholkonsum gute Vorbilder sein können

Eltern sollten nicht gedankenlos bechern: Beim Umgang mit Alkohol müssen Kinder begleitet und die Vorbildfunktion reflektiert werden.

„Kein Alkohol im Trikot“, sagt Lothar Schilpp. 40 Jahre lang spielte der Geschäftsführer der Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe vom Landesverband Württemberg e.V. aktiv Handball. Schleichend rutschte der junge und feierfreudige Sportler neben Sport und Arbeit in die Alkoholsucht. Mit 29 Jahren entschied er sich nach sechs Entgiftungen zu einer Therapie. Zur Stabilisierung suchte und fand er im Anschluss die Unterstützung einer Selbsthilfegruppe bei den Freundeskreisen für Suchtkrankenhilfe. Bis heute lebt der mittlerweile ausgebildete Suchthelfer abstinent und engagiert sich zudem in der Präventionsarbeit. Auch in Sportvereinen klärt Lothar Schilpp auf, denn „Alkohol hat auf dem Spielfeld nichts zu suchen. Und auch danach sollte in und um das Sportheim ein Getränk ohne Alkohol immer billiger sein als ein Bier oder Wein.“

Schilpp weiß aus eigener Erfahrung, dass man „nicht über den Konsum von Alkohol nachdenkt“, wenn man der Meinung ist, dass „noch lange keine Abhängigkeit“ besteht. In diesem Zusammenhang verweist er auf ein neues Zertifizierungsprogramm für Vereine und Gruppen in der Jugendarbeit: „HaLT – Hart am LimiT“ ist ein Alkoholpräventionsprogramm, ins Leben gerufen von der Psychosozialen Beratungsstelle der Diakonie in Heilbronn.  Es fördert unter anderem vorbildliches Verhalten und eine Kultur des Hinsehens.

Der Geschäftsführer der Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe im Landesverband Württemberg erinnert alle Eltern an ihre Vorbildfunktion: „Das heißt zum Beispiel beim täglichen gemeinsamen Essen auf Alkohol zu verzichten und dessen Konsum somit nicht als selbstverständliche Ergänzung zum Essen vorzuleben.“ Für Schilpp geht es dabei nicht um ein Ignorieren von alkoholischen Getränken, sondern um „das Reflektieren der eigenen Haltung im Umgang mit Alkohol“.

Kinder müssten ihren Weg erst finden, weswegen eine gute Kommunikation darüber in der Familie wichtig sei: „Kinder sind nicht suchtkrank, sollen es aber auch nicht werden“, sagt der Geschäftsführer und mahnt beim Konsum von Alkohol aufzupassen: „Nicht verbieten, in Maßen trinken, begleiten und die Entscheidung ihnen nicht gleich selbst überlassen.“

Zum Umgang mit Alkohol könnten sich Eltern als Impuls für ihre Erziehung aber auch einige Fragen stellen: Wie geht die Familie mit Freud‘ und Leid um? Wird in allen Fällen Alkohol getrunken? Haben die Kinder neben den Eltern noch andere Vertraute, mit denen sie Probleme besprechen können? Wieviel Vertrauen bringen Eltern ihren Kindern entgegen und umgekehrt? Wie spricht die Familie über Menschen, die keinen Alkohol trinken, nicht rauchen, kein Fleisch essen oder einfach anders sind? Kennen Eltern die Freunde der Kinder? Dürfen sich Kinder im Schutz der Eltern ausprobieren, Alkohol trinken oder auch rauchen und so ihre kontrollierte Erfahrung machen? Ist ein früher Rausch ein totales Unglück oder ein Anknüpfungspunkt zu weiterführendem Gespräch? Und ganz entscheidend: Wie konsequent sind Eltern? „Junge Menschen brauchen klare Regeln und Grenzen“, weiß Lothar Schilpp. Auch, dass deren Durchsetzung nicht immer einfach ist und Eltern sehr viel abverlangt.

Info

Die Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe Landesverband Württemberg e.V. bestehen aus 85 Freundeskreisen. Rund 350 ehrenamtliche Mitarbeiter engagieren sich in 130 Gesprächs-gruppen für rund 2.000 Gruppenteilnehmer. Gemeinsames Ziel ist eine zufriedene und suchtmittelfreie Lebensgestaltung. Grundlage und Motivation der Arbeit ist die christliche Nächstenliebe. Im Verbund der Suchtkrankenhilfe übernehmen die Freundeskreise die wichtige Aufgabe der Nachsorge für suchtkranke Menschen sowie deren Angehörige und stabilisieren so die Behandlungserfolge von Suchtberatungsstellen und Fachkliniken.

Weitere Informationen unter www.freundeskreise-sucht-wuerttemberg.de oder per Telefon in der Geschäftsstelle des Landesverbandes 07333 3778.