15. Juni 2020 Pressemitteilung

Diakonie Württemberg fordert Evakuierung von Flüchtlingslagern in Griechenland

Zur Öffnung für Touristen am 15. Juni:
25 Quadratmeter Strand für einen Touristen, katastrophale Lebensbedingungen für Geflüchtete

Stuttgart, 15. Juni 2020. Die Lage der Geflüchteten auf den griechischen Inseln Lesbos, Samos, Chios, Kos und Leros wie auch auf dem Festland ist nach Ansicht der Diakonie Württemberg nach wie vor äußerst prekär. „Wenn Griechenland sich jetzt wieder für den Tourismus öffnet, darf die Situation geflüchteter Menschen nicht aus dem Blick geraten“, sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg. Auch wenn einige Tausend Geflüchtete von den Inseln in Lager auf das Festland verlegt wurden, bedeutet dies keine wirkliche Perspektive für die Menschen. Zudem entwickelt die griechische Bevölkerung Ängste vor einer Ansteckung aus den Lagern. „Wir rufen im Namen der Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe dazu auf, die Lager zu evakuieren und die Geflüchteten hierzulande und in Europa aufzunehmen. Eile ist auch angesichts der Corona-Pandemie geboten, denn das Virus gibt es nach wie vor“, sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg.

Ein Ausbruch der Virus-Infektion beispielsweise im Lager Moria auf Lesbos, mit ca. 20.000 Personen das größte Lager auf den Inseln, wäre ein Schreckensszenario und eine menschliche Tragödie. „Die Lager sind überfüllt und da alles gemeinsam genutzt wird, ist es schwer, sich vor Corona zu schützen“, berichtet eine Geflüchtete aus Afghanistan, die Kontakt zu einem Projekt der Diakonie hat. Es sei schlichtweg unmöglich, Abstand zu halten und regelmäßig Hände zu waschen. Rund 200 Personen teilen sich Dusche und Toilette, für 1.300 steht ein Wasserhahn zur Verfügung. Für das Strandleben hingegen, das am 15. Juni wieder möglich ist, sind als Corona-Vorschrift nur 40 Personen pro 1.000 Quadratmeter, also 25 Quadratmeter pro Person, zulässig.

In den Lagern leben viele Familien mit kleinen oder kranken Kindern, etliche schwangere Frauen sowie viele hochtraumatisierte Menschen. Laut EU-Kommission sind 1.500 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge dort. „Viele Kinder sind noch nicht registriert, haben keinen Zugang zu Bildung und sind von der angespannten Situation gestresst und verängstigt“, erzählt die Geflüchtete weiter. Besonders diesen vulnerablen Personenkreis gilt es nach Ansicht der Diakonie Württemberg zu schützen und schnellstmöglich zu evakuieren.

Ein großer Teil der Menschen in den Lagern lebt schon mehrere Monate unter diesen katastrophalen Bedingungen. „Unsere Solidarität darf in dieser Zeit nicht nur zu den nächsten Nachbarn gehen, sondern sie gilt auch unseren Nachbarn in Europa und der Welt“, sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann. Dass die Würde des Menschen unantastbar ist, gelte für alle Menschen als Ebenbilder Gottes. „Deswegen setzen wir uns für die Situation der Zurückgebliebenen auf den griechischen Inseln ein und erklären uns solidarisch mit dem Slogan der Seebrücke `LeaveNoOneBehind´.“

Die Aufnahme von etwa 50 Minderjährigen vor wenigen Wochen in Niedersachsen kann nach Meinung der Diakonie nur ein Anfang sein, dem dringend weitere Aufnahmen folgen müssen. Viele Kommunen, auch in Württemberg, haben sich bereits zum „Sicheren Hafen“ erklärt. Etliche davon sind bereit, zusätzlich zum regulären Kontingent der Zuweisungen weitere Geflüchtete aufzunehmen, die auf Hilfe dringend angewiesen sind.

Kaufmann fordert die Politik in Europa sowie auf Bundes– und Landesebene auf, ihre Handlungsspielräume zu nutzen und ohne weitere Verzögerungen zusätzliche Aufnahmeprogramme aufzulegen. „Die Diakonie ist bereit, mit ihren Netzwerken und Möglichkeiten der Beratung und Begleitung eine kommunale Aufnahme weiterer Geflüchteter zu unterstützen.“

Sammlung zum Karfreitag 2024

Diakonie und Evangelische Landeskirche in Württemberg rufen zu Spenden für „Hoffnung für Osteuropa“ am Karfreitag auf. Mit dieser Aktion unterstützen die Diakonie und Landeskirche in Württemberg die humanitäre Hilfen und Soziale Arbeit ihrer langjährigen Partner in insgesamt zehn Ländern.