26. Oktober 2020 Pressemitteilung

Assistierte Ausbildung droht an Qualität zu verlieren

Diakonie Württemberg kritisiert gegenüber Ministerien und Agentur für Arbeit vergaberechtliche Ausgestaltung

Stuttgart, 26. Oktober 2020. Die Diakonie Württemberg fordert Korrekturen in der vergaberechtlichen Ausgestaltung der Assistierten Ausbildung flexibel (AsA flex). Sie begrüßt die Stärkung der Qualität und die Weiterentwicklung der Assistierten Ausbildung durch das „Arbeit für morgen-Gesetz“. Als gravierende Einschränkung für eine qualitativ gute Umsetzung der Assistierten Ausbildung benennt Kaufmann jedoch die geplante Abrechnung nach Stundenkontingenten und fehlende Personalschlüssel in der begleitenden Phase. „Das verhindert die Beschäftigung von Fachkräften, die wir nach Tarif bezahlen. Stattdessen müssen unsere Träger auf stundenweisen Einsatz von Honorarkräften setzen, was die kontinuierliche Begleitung der jungen Menschen verhindert und  die Kommunikation mit Betrieben und Behörden einschränkt.“

Besonders während der Corona-Pandemie werde deutlich, dass die sozialpädagogische Begleitung vor und während der Ausbildung und die verlässliche Schnittstelle zu Betrieben für benachteiligte junge Menschen wichtig sind. „Wir kritisieren aber die Aushöhlung der gesetzlich verankerten Inhalte durch die vergaberechtliche Ausgestaltung“, sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg. In Schreiben an die Ministerien und die Bundesagentur für Arbeit fordert die Diakonie eine Umsteuerung.

Als weiteres Problem nennt Kaufmann die geplante Mindestvergütung von monatlich 70 Prozent des Gesamtstundenkontingents. „Wenn ein Träger nicht genügend Rücklagen bilden konnte, muss er für 12 Monate in Vorleistung gehen, was für viele ein betriebswirtschaftliches Risiko ist.“ Hinzu komme: Die Möglichkeit zur digitalen Gestaltung von Maßnahmen fordert von den Trägern, Kosten für Hardware-Ausstattung von Teilnehmenden zu übernehmen ohne dass dieser Mehraufwand der Technik in der Preiskalkulation berücksichtigt werde.

Kaufmann verweist außerdem auf einen Widerspruch zum angestrebten Ansatz des Erhalts länderspezifischer Besonderheiten. Bisher hatten Jugendliche mit Unterstützungsbedarf in Baden-Württemberg, die im ersten Ausbildungsjahr die einjährige Berufsfachschule besuchen und Anspruch auf ausbildungsbegleitende Hilfen. Sie können nach dem neuen Instrument erst ab dem zweiten Ausbildungsjahr gefördert werden.

Diese Problematiken hat das Diakonische Werk Württemberg gegenüber dem Wirtschaftsministerium, Kultusministerium und Sozialministerium in Baden-Württemberg sowie dem Vorstandsvorsitzenden und Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit benannt.

„Wir bitten dringend, die geplante Ausgestaltung der Assistierten Ausbildung flexibel (AsA flex) zu prüfen und den Start von Ausschreibung und Maßnahme zu verschieben“, sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann. Verlässliche und realistische Stundenkontingente müssten Tariflöhne und stabile Beschäftigungsverhältnisse ermöglichen. Zudem sei der zu erwartende bürokratische Abstimmungsaufwand zu ersetzen durch einen echten flexiblen Rahmen, der eine wirksame und effiziente Ausgestaltung zugunsten der jungen Menschen ermöglicht. Der Mehraufwand der Technik sei in der Preiskalkulation zu berücksichtigen, auch brauche es eine monatliche kostendeckende Vergütung für AsA flex für Träger. Des Weiteren seien länderspezifische Besonderheiten zu erhalten.

Hintergrund: Der Bundesrechnungshof prüft den wirtschaftlichen, effizienten und wirksamen Einsatz öffentlicher Mittel, die durch den Bund eingesetzt werden. Die Bewertung eines solchen Einsatzes ist nach Ansicht der Diakonie Württemberg allerdings bei der Arbeit mit Menschen nicht an einer maximalen kurzfristigen Kostenreduzierung, sondern an der Qualität der Beratung und Begleitung zu messen. Deshalb fordert die Diakonie, die gesetzliche Grundlage – in diesem Fall das „Arbeit für morgen-Gesetz“ – und die darin festgelegte Zielerreichung an den Bedarfen der jungen Menschen zu messen. Auch will die Diakonie mehr Transparenz und Beteiligungsstrukturen als Sozialpartner sowie eine interdisziplinäre Beratung zur vergaberechtlichen Ausgestaltung, die Kosten und Qualität berücksichtigt und auf betriebswirtschaftliche und sozialpädagogische Expertise setzt.